Menschenrechte unter »ferner liefen«

Martin Ling über Steinmeiers Reise durch Lateinamerika

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Ganz abhalten ließ sich Frank-Walter Steinmeier nicht: Im Sprinttempo absolvierte er seine wegen der Ukraine-Krise eingedampfte Lateinamerika-Tour durch drei Länder, die vor allem eines verbindet: Sie sind interessant für die deutsche Wirtschaft. Das gilt für Brasilien, das mit São Paulo den größten deutschen Industriestandort weltweit beherbergt - rund 1000 deutsche Unternehmen produzieren dort -, 200 weitere verteilen sich auf den Rest des riesigen Landes. Peru und Kolumbien sind insbesondere wegen ihrer reichen Rohstoffvorkommen von großem Interesse - Kolumbien gehört bei Steinkohle zu den wichtigsten Lieferanten der deutschen Stromversorger.

Dass Steinmeiers Tross reichlich durch Geschäftsleute aufgestockt wurde, nimmt da nicht wunder. Gegen Geschäfte ist auch nichts zu sagen, sofern sie sich in einem Rahmen abspielen, der die Interessen der subalternen Bevölkerung nicht unter den Tisch fallen lässt. Eben das aber ist gängige Praxis beim Rohstoffabbau in Lateinamerika. Die Achuar-Indigenen in Peru beispielsweise befürchten wegen eines Gasprojektes eine Vertreibung aus ihrem angestammten Siedlungsgebiet, monieren Verseuchung von Flüssen und Grundwasser. Sie verlangen einen gerechten Ausgleich für die Nutzung ihres Landes. In diesem Fall kann Deutschland seine Hände in Unschuld waschen, in vielen anderen Fällen nicht.

Es war deutscher Druck, mit dem das EU-Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru 2013 durchgewinkt wurde - obwohl selbst eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie zu dem Schluss kam, dass damit die bestehenden Landkonflikte weiter verschärft würden. Menschenrechte unter »ferner liefen« - freie Fahrt für Investoren. Steinmeiers Reise hielt Kurs.

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