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Augsburg feiert außergewöhnlichen Torjäger

Marwin Hitz erzielt als dritter Torwart der Bundesligageschichte ein Tor und rettet einen Punkt gegen Leverkusen

  • Christian Kunz und Simon Ribnitzky, Augsburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Jens Lehmann, Frank Rost und nun Marwin Hitz. Mit seiner Tor-Rarität macht sich Augsburgs Keeper in einem wilden Spiel zum gefeierten Helden beim nächsten Schritt Richtung Europa.

Als Torheld für die Bundesliga-Ewigkeit war Marwin Hitz zu Späßchen aufgelegt. »Ich hab zu meinen Mitspielern ja schon ein paar Mal gesagt, dass ich pro Jahr sicher fünf Tore mache, wenn ich bei jedem Standard nach vorne gehe. Das musste ich mal unter Beweis stellen«, flachste der Augsburger Torhüter nach seinem Treffer in der Nachspielzeit zum 2:2 (0:1) gegen Bayer Leverkusen. Als erst dritter Bundesliga-Keeper nach Jens Lehmann (1997) und Frank Rost (2002) sorgte der 27-jährige Schweizer für die Torwart-Torsensation aus dem Spiel heraus.

»Wenn Marwin hinten die Dinger reinlässt, muss er sie vorne schießen«, konterte der scherzende Ersatzkapitän Daniel Baier - und staunte. »Eiskalt im Abschluss, da kann ich mir noch ’ne Scheibe von abschneiden.« Teamkollegen und Trainer waren verblüfft vom Tor-Kunststück des Schweizers mit einem Drehschuss im Fünf-Meter-Raum. Und das auch noch beim Comeback, fast auf den Tag genau drei Monate nach einem Teilriss eines hinteren Kreuzbandes.

»Ich habe nicht gewusst, dass ich einen Torjäger ins Tor stelle«, wunderte sich FCA-Trainer Markus Weinzierl, der nach dem Ausgleichstreffer (90.+4) wie aufgedreht über den Rasen sprintete. »Es wird auf jeden Fall in die Geschichte eingehen.« Viel wichtiger als die Torwarttor-Rarität war aber allen Augsburgern der im Fußball-Spektakel mit herausragender Moral erkämpfte Punkt. Im Rennen um einen Europacup-Startplatz hält der Tabellenfünfte die Leverkusener zwei Punkte auf Distanz. »Normalerweise bist du beim Stand von 1:2 tot, aber nicht unsere Mannschaft«, lobte der glückselige Weinzierl seine Malocher nach einem wilden Finish.

Das nächste Kapitel im schwäbischen Bundesliga-Märchen hätte für Hitz (»Ich habe nur einmal ein Eigentor geköpft«) aber auch viel trauriger enden können. Beim 1:0 durch Josip Drmic (8.) sah der Torhüter, der 2013 vom VfL Wolfsburg kam und einen Vertrag bis 2016 hat, nicht gut aus. Längst nicht in allen Szenen wirkte der Schlussmann bei seiner Rückkehr auf den Rasen sicher. Weinzierl hatte ihm aufgrund seiner fußballerischen Stärke den Vorzug vor Alexander Manninger gegeben.

»Ich war sehr lange verletzt. Es war sicher nicht leicht reinzukommen«, gestand Familienvater Hitz, der Landsmann Roger Federer sein sportliches Vorbild nennt. In den Schlussminuten war Hitz aber sicher zur Stelle. Mit zwei tollen Paraden bewahrte er sein Team kurz nach dem unhaltbar abgefälschten Schuss von Stefan Reinartz (84.) vor dem K.o. Und dann steuerte er nach Joker Caiuby (59.) beim atemberaubenden Schlussakkord noch den zweiten FCA-Treffer für den ersten Punkt gegen das Bayer-Trauma (sieben Niederlagen in sieben Spielen) bei.

»Ich gönne Marwin Hitz absolut ein Tor, aber es muss nicht unbedingt gegen uns sein«, gab Leverkusens Trainer Roger Schmidt vier Tage vor dem Champions-League-Achtelfinale gegen Atlético Madrid zu. »Wir schaffen Helden, aber wir wollen natürlich eigene Helden haben.« In die Schar der Gönner stimmte aus der Ferne auch Jens Lehmann ein. »Gratulation an Marwin Hitz«, beglückwünschte der frühere Nationaltorwart und witzelte in typischer Lehmann-Manier. »Muss ein tolles Gefühl sein als Torwart den Ausgleich zu erzielen im Spiel.« dpa

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