Warnstreik der Bus- und Straßenbahnfahrer

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert 120 Euro mehr für alle Lohngruppen

  • Henry-Martin Klemt
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Mittwoch streikten Busfahrer in Ostbrandenburg. An diesem Donnerstag soll bei der Havelländischen Verkehrsgesellschaft und bei den Verkehrsbetrieben Brandenburg/Havel gestreikt werden.

Die Temperatur liegt knapp über dem Gefrierpunkt. Wenigstens gibt es Kaffee, und die Kollegen haben ein paar Bratwürste auf den Grill gelegt. »Eigentlich habe ich Urlaub«, sagt Maria Johst. »Aber ich will meine Kollegen unterstützen. Es ist Solidarität. Deshalb stehe ich hier.« Um 3.30 Uhr legten die Mitarbeiter der Frankfurter Stadtverkehrsgesellschaft die Arbeit nieder. Ein Warnstreik bis um 15 Uhr, wie er gleichzeitig in Oder-Spree, Uckermark und Märkisch-Oderland stattfand.

»Insgesamt streiken 250 bis 300 Kollegen«, informiert Marco Pavlik, Verhandlungsführer der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Bus- und Straßenbahnfahrer reagieren damit auf die Kompromisslosigkeit der Arbeitgeberseite bei der ersten Verhandlungsrunde. Es geht um 120 Euro mehr in allen Lohngruppen. Brandenburg liege bei der Entlohnung im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)im Bundesvergleich weit zurück, sagt Pavlik. Dabei signalisiert er Verständnis für die Landkreise, die für den ÖPNV zuständig sind. »Wir wissen, dass die Haushaltssituation vielerorts schwierig ist. Es muss aber auch politischer Druck auf das Land ausgeübt werden, das sich seit Jahren einen schlanken Fuß macht, wenn es um die Finanzierung des ÖPNV geht.« Vier Tage lang will ver.di Warnstreik an wechselnden Orten im Land durchführen. Rund 40 Verkehrshöfe werden dabei einbezogen sein, erläutert Pavlik.

Maria Johst ist Kraftfahrerin und Kfz-Mechatronikerin, seit fünf Jahren fährt sie Bus und Straßenbahn und hat am Monatsende trotzdem nicht viel Geld übrig. Der Mann der 27-Jährigen arbeitet auch bei der Stadtverkehrsgesellschaft. Sie würden gern etwas sparen für ihre Familie. »Bisher geht das kaum.« Die ver.di-Forderungen hält Johst deshalb für berechtigt.

So sieht das auch der Landtagsabgeordnete René Wilke (LINKE), der um 6 Uhr am Betriebshof in Neuberesinchen erscheint. »Ich möchte, dass diejenigen, die unsere Kinder zur Schule fahren, die uns zur Arbeit bringen und wieder nach Hause, auch anständig verdienen. Wenn die Stadt ein attraktiver Lebensort sein will, muss sie ihren Bürgern auch gut bezahlte Arbeit bieten.« Dabei kennt Wilke das dreistellige Millionendefizit von Frankfurt (Oder), denn er sitzt auch in der Stadtverordnetenversammlung. »Aber man kann die Haushaltskonsolidierung nicht auf dem Rücken der Beschäftigten austragen. Das ist nicht ihr Sinn.«

Maria Johst wärmt sich die Hände über dem Grillblech. Wozu der Schichtdienst ihr sonst nicht so oft Gelegenheit gibt, das kann sie heute genießen: die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann. Beim Streik.

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