Konzertsaal oder Kneipe?

Kirchenschließungen in Niedersachsen nehmen zu

  • Lesedauer: 2 Min.

Peine. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen geben die großen Kirchen in Niedersachsen eine Vielzahl an Gebäuden auf. Nur wenige werden abgerissen, die meisten erhalten eine neue Funktion. So kommen unter anderem Kindergärten und Kulturzentren in den einst sakralen Bauten unter. Die Stadt Peine zum Beispiel erhielt einen neuen Konzertsaal in einem früheren Gotteshaus. Der Umbau des rund 190 Quadratmeter großen und neun Meter hohen Gottesdienstraumes dauerte anderthalb Jahre.

Im Bistum Hildesheim wurden seit 2002 insgesamt 54 Kirchen geschlossen. Aktuell sind hier nur noch zwölf Prozent der Bevölkerung Katholiken. Gründe für die Schließungen seien die Abwanderung vieler Menschen aus früheren Wohngebieten, der Mitgliederrückgang und der damit einhergehende rückläufige Gottesdienstbesuch, sagte Bistumssprecher Volker Röpke.

Im Bistum Osnabrück wurden in den vergangenen zehn Jahren vier Kirchen aufgegeben und drei abgerissen. In zahlreichen Gebäuden sei der Gottesdienstraum verkleinert worden, beispielsweise um im hinteren Bereich das Pfarrheim zu integrieren, sagte Bistumssprecher Hermann Haarmann. In einer Kirche habe man zusätzlich ein Kolumbarium, also eine Begräbnisstätte für Urnen, eingerichtet.

Obwohl kaum noch jemand regelmäßig sonntags einen Gottesdienst besucht, bewegt die drohende Schließung einer Kirche die Gefühle der Anwohner. Bei einem Verkauf achtet die Kirche darauf, dass die neue Nutzung der bisherigen nicht widerspricht. »Auf keinen Fall infrage kommt für uns eine gewerbliche Nutzung, zum Beispiel als Restaurant, Boutique oder Disco«, sagte Haarmann.

Im zum Bistum Hildesheim gehörenden Groß Munzel bei Hannover wurde eine Ausnahme gemacht: Eine ehemalige Kirche dient einem Speditionsunternehmen als Fahrzeug-Unterstand. In Hannoversch Münden im Landessüden ist ein Café in einer früheren evangelischen Kirche untergebracht. »Trinkpartys« gebe es hier aber nicht, heißt es auf der Internetseite des Café Aegidius.

Die Landeskirche Hannover hat seit 2004 etwa 17 Kirchen und Kapellen aufgegeben. Im Fall der Corvinuskirche in der niedersächsischen Landeshauptstadt führte dies zu Protesten und einem zwei Jahre dauernden Rechtsstreit. Anfang Dezember urteilte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, dass die 1962 errichtete Corvinuskirche ein Baudenkmal darstellt. Damit wird der geplante Abriss erschwert. Wie es weitergeht, hat die Landeskirche noch nicht entschieden. »Wir müssen diskutieren, was das Urteil des OVG bedeutet«, sagte Kirchensprecher Johannes Neukirch. dpa/nd

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