Wohin mit dem Salz?

Umweltausschuss des Bundestags befasste sich mit den katastrophalen Folgen des Kaliabbaus

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast 80 Prozent des beim Kaliabbau geförderten Salzes sind für die Produktion unbrauchbar. Es landet auf Halden, in Flüssen und im Erdreich. Daran wird sich offenbar so schnell nichts ändern.

Der »Monte Kali« im hessischen Herringen ist ein außergewöhnlicher Berg. Er nimmt täglich an Größe zu. Stündlich um 800 Tonnen Salzabraum, die der Düngemittelkonzern K+S hier unter freiem Himmel ablädt. Mittlerweile ist der »Monte Kali« fast 200 Meter hoch und verursacht ernorme Probleme, denn das Abraumsalz löst sich, sickert in die umliegenden Böden und gelangt in Werra und Weser. Und weil es im thüringisch-hessischen Grenzgebiet mehrere solcher Halden gibt, ist die Belastung enorm. Etwa die Hälfte des bei der Kaligewinnung anfallenden Salzabwassers - rund vier Millionen Kubikmeter jährlich - wird direkt in die Werra geleitet. Da die Werra ein Quellfluss der Weser ist und diese stark belastet, sind insgesamt fünf Anrainerländer betroffen. Die diskutieren seit Jahren, wie man die Belastungen reduzieren kann. Soll man die Lauge eindampfen, eine Salzwasser-Pipeline zur Nordsee legen, die Halden abdecken oder den Abraum unterirdisch lagern? Lösungsvorschläge gibt es viele, konkrete Maßnahmen hingegen nicht.

Das zeigte sich auch am Mittwoch bei einer Anhörung des Umweltausschusses im Bundestag zum Thema »Werra-Weser-Versalzung«. Zwar gab sich der thüringische Umweltstaatssekretär Olaf Möller optimistisch, dass man bis Mitte März 2015 einen »Bewirtschaftungsplan für beide Flüsse« beschließen werde. Doch in der Anhörung wurde klar, dass die dafür zu treffenden Maßnahmen umstritten sind. Zudem kommt der Handlungsdruck vor allem aus Brüssel, wie Nordrhein-Westfalens Umweltstaatssekretär Peter Knitsch einräumte. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie zwinge die Länder zum Handeln. Die EU-Kommission hatte in der Sache bereits 2012 die Geduld verloren und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland begonnen. Nur unter Vortäuschung hektischer Aktivitäten gelang es Bund und Ländern, die Kommission zu beschwichtigen.

Dabei drängt die Zeit. So leiden nicht nur die Fische in Werra und Weser, sondern auch das Grund- wasser. Denn K+S verpresst an zwei Standorten alljährlich 6 bis 7 Millionen Kubikmeter Salzlauge ins Erdreich. Bislang wurde so eine Milliarde Kubikmeter Salzwasser entsorgt, wie Hessens Umweltstaatssekretärin Beatrix Tappeser einräumte. Ausschussmitglied Ralph Lenkert (LINKE) verwies darauf, dass die DDR die Verpressung bereits 1968 eingestellt habe, »weil sie eine Gefahr für Grundwasser ist«. Tatsächlich zeigt eine Studie des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, aus dem der »Spiegel« vor wenigen Tagen zitierte, dass nicht nur Heilquellen im hessischen Bad Hersfeld, sondern auch ein Dutzend Trinkwasserbrunnen im Werra-Raum »kurzfristig unbrauchbar« werden könnten. Trotzdem sieht der Vier-Phasen-Plan, den das Hessische Umweltministerium und K+S entwickelt haben, auch weiterhin ein solches Salz-Fracking vor.

Und Halden wie »Monte Kali«? Laut Tappeser habe K+S zugesagt, an einer Abdeckung der Halden zu arbeiten. Allerdings sei es nur möglich, 60 Prozent der Salzberge abzudecken, da diese zu hoch und zu steil seien. Offenbar will man K+S nicht zu sehr unter Druck setzen. Schließlich hat der Konzern seinen Sitz im nordhessischen Kassel.

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