Lieb und teuer

In Paris warten 170 000 auf eine Sozialwohnung

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.

Paris ist ein teures Pflaster und rangiert in Europa hinsichtlich der Lebenshaltungskosten gleich hinter London. Die Mieten sind hier etwa doppelt so hoch wie in Berlin oder Rom. Im Schnitt liegt beispielsweise die Kaltmiete für eine 50 Quadratmeter große Zweiraumwohnung zwischen 1000 und 1400 Euro. Nach oben sind fast keine Grenzen gesetzt, während man für eine Wohnung mit einer Miete deutlich unter 1000 Euro erhebliche Mängel in Kauf nehmen muss. Das hat über viele Jahre zu einer Abwanderung vor allem von Familien mit Kindern und nicht üppigem Gehalt immer weiter in die Umgebung von Paris geführt.

Erst in den vergangenen Jahren verzeichnet man wieder eine leichte Zunahme bei der Stadtbevölkerung, wobei die neuen Pariser vor allem Besserverdienende sind, die sich die luxussanierten und entsprechend teuren Wohnungen in den ehemals volkstümlichen und erschwinglichen Vierteln leisten können. Heute leben 2,2 Millionen Menschen »intra muros«, also innerhalb des Stadtautobahnrings, während es mit den näheren und ferneren Vororten zusammen zehn Millionen sind. Wer in Paris arbeitet, nimmt oft lieber eine kleine und teure Wohnung in Kauf, um dank des dichten Metro-Netzes Zeit für den Weg zum Arbeitsplatz und zurück zu sparen.

Dagegen ziehen Familien mit Kinder, die mehr Platz brauchen, eher ins Umland. Am teuersten sind die Viertel im Stadtzentrum: Quartier Latin, die Gegend zwischen Louvre und Oper, das Marais-Viertel, gefolgt vom siebten und dem ehemals besonders vornehmen 16. Arrondissement. Dagegen sind das 18., 19. und 20. Arrondissement im Norden und Nordosten etwas günstiger, wo traditionell viele Arbeiter und Handwerker oder ausländische Einwanderer lebten und teilweise auch noch leben. Hier finden sich auch die meisten Sozialwohnungen, während die in den teureren Vierteln rar sind oder ganz fehlen. Im 16. Arrondissement hat es sogar Protestdemonstrationen gutsituierter Anwohner gegen den geplanten Bau eines Sozialwohnblocks gegeben - der aber nach einem jahrelangen Tauziehen vor den Gerichten nun doch gebaut wird. Auf der Warteliste für eine Sozialwohnung in Paris stehen zur Zeit 170 000 Familien oder Alleinstehende, während pro Jahr nur 12 000 neu gebaute oder frei gewordene Wohnungen vergeben werden können.

Die rot-rot-grüne Stadtverwaltung hat sich das Ziel gesetzt, pro Jahr 20 000 Sozialwohnungen neu zu schaffen und den Anteil der Sozialwohnungen am gesamten Wohnungsbestand bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen. Dafür werden nicht nur - wegen des mangelnden Baugrunds viel zu wenig - neue Wohnungen gebaut, sondern auch heruntergekommene Häuser dank dem gesetzlichen Vorkaufsrecht von der Stadt erworben und saniert.

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