nd-aktuell.de / 27.02.2015 / Berlin / Seite 11

In Szenekiezen ist kaum noch Luft nach oben

Investitionsbank legt Wohnungsmarktbericht vor: Einst vernachlässigte Stadtteile werden immer teurer

Rainer Balcerowiak
Der Wohnungsmarkt ist nach wie vor von rasanten Mietsteigerungen geprägt. Wichtigste Ursache ist der ungebremst starke Zuzug, heißt es im Wohnungsbauberichts 2014 der Investitionsbank Berlin (IBB).

Es geht immer noch ein bisschen teurer. Die Preise bei Neuvermietungen in Berlin sind bis Ende des 3. Quartals 2014 binnen zwölf Monaten um sechs Prozent gestiegen. Der berlinweite Medianwert, der nicht die Durchschnittsmiete, sondern die Trennlinie zwischen der oberen und der unteren Hälfte definiert, beträgt derzeit mittlerweile 8,25 Euro pro Quadratmeter nettokalt, heißt es im Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Und die Spreizung ist enorm: Spitzenreiter ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit zwölf Euro, am unteren Ende rangieren Spandau und Marzahn-Hellersdorf mit sechs Euro. Auch das Baualter spielt eine wichtige Rolle. Gründerzeitwohnungen (vor 1918) und Neubauten (ab 2002) sind deutlich teurer als die anderen Segmente.

Bei kleinräumiger Betrachtung der Mietenentwicklung falle auf, dass in »Szenekiezen« wie in Prenzlauer Berg oder Kreuzberg kaum noch Steigerungen am Markt durchsetzbar seien, während bislang unterbewerte Stadtteile wie Moabit und Wedding überdurchschnittliche Mietsprünge aufwiesen, so der Vorstandsvorsitzende der IBB, Jürgen Allerkamp. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) betonte, angesichts der Mietenentwicklung und des zu erwartenden weiteren Zuzugs nach Berlin komme dem Neubau entscheidende Bedeutung zu, um ausreichend Wohnraum für alle Schichten der Bevölkerung anbieten zu können und diese »Berliner Mischung« auch in den besonders begehrten Innenstadtkiezen zu bewahren. Denn Möglichkeiten der Landespolitik, den Anstieg der Mieten im Bestand zu dämpfen, seien nach dem »Mietenbündnis« für die knapp 300 000 Wohnungen der kommunalen Unternehmen, der Verordnung zum Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten, dem Verbot von Zweckentfremdung und der Umsetzung des Bundesgesetzes zur Begrenzung der Mieterhöhungen bei Neuvermietungen »weitgehend erschöpft«.

In den vergangenen beiden Jahren ist sowohl die Zahl der Baugenehmigungen, als auch der fertiggestellten Wohnungen deutlich gestiegen. Letztere auf knapp 10 000 in 2014. Allerdings wird derzeit nur ein Bruchteil der Neubauwohnungen für Geringverdiener angeboten. Daher will das Land seine Liegenschafts- und Förderpolitik stärker auf dieses Segment ausrichten, um sowohl städtischen als auch privaten Bauherren Anreize zu geben, bei Neubauprojekten bis zu 33 Prozent der Wohnungen für eine Durchschnittsmiete von 6,50 Euro netto pro Quadratmeter für Mieter mit Wohnberechtigungsscheinen anzubieten. Allerdings wurde dieses Programm bislang nur für 123 Wohnungen in Anspruch genommen. Bislang stehen für dieses Förderprogramm 320 Millionen Euro bis 2019 zur Verfügung, eine Aufstockung ist derzeit in der Diskussion. Von den räumlichen Kapazitäten her sieht Geisel keine Probleme. Bislang habe der Senat Potenzial für bis zu 220 000 neue Wohnungen definiert. Allerdings sehe man sich in vielen Teilen der Stadt mit einer ausgesprochen neubaufeindlichen Stimmung bei Teilen der ansässigen Bevölkerung konfrontiert.