nd-aktuell.de / 02.03.2015 / Politik / Seite 7

»Weniger reden, mehr arbeiten«

Kompromiss mit der Eurogruppe findet nur knappe Zustimmung in der SYRIZA-Führung

Vincent Körner
In Griechenland geht die Debatte über den Kompromiss mit der Eurogruppe weiter - auch in der Linkspartei SYRIZA. Derweil beschweren sich konservative Regierungen über Kritik von Alexis Tsipras.

Vor der Sitzung des Zentralkomitees von SYRIZA hatten sich Parteichef Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis in der Öffentlichkeit noch einmal ordentlich ins Zeug gelegt: Tsipras kündigte an, Anfang dieser Woche einen Plan vorzulegen, um die »humanitäre Krise« in Griechenland zu lösen. Und Varoufakis erklärte im Fernsehsender Skai, wenn er zur Deckung von Ausgaben dafür gezwungen sei, »eine Sondersteuer zu erheben, werde ich das tun, aber nur für diejenigen, die zahlen können«.

Eines dürften beide dabei im Hinterkopf gehabt haben: Die Kritik am Kompromiss zwischen Athen und der Eurogruppe über eine Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland. Zu einer Demonstration der kommunistischen Partei KKE kamen am Freitagabend etwa 8000 Menschen. KKE-Generalsekretär Dimitris Koutsoumbas forderte dabei den Austritt Griechenlands aus Eurozone und EU. Der SYRIZA-geführten Regierung warf er vor, nicht die Wahrheit zu sagen.

Soweit würden die Kritiker der Vereinbarung in den Reihen von SYRIZA wohl nicht gehen. Aber auch in der Linkspartei halten die Diskussionen an. Am Freitag hatten zwei Mitglieder des Zentralkomitees erklärt, mit dem Kompromiss würden »die wichtigsten Punkte unseres Programms« praktisch »außer Geltung gesetzt«. Einer der Wirtschaftsberater von SYRIZA, der Ökonom Yanis Milios, kritisierte zudem, dass die Regierung den Kompromiss als Sieg darstelle - dies zeige, dass ihr Kommunikation wichtiger als Substanz sei. Man müsse jetzt fragen, »was schiefgelaufen ist«.

Regierungschef Tsipras verteidigte bei der Sitzung des Führungszirkels von SYRIZA am Wochenende dagegen die Vereinbarung. Die Verhandlungen mit den europäischen Gläubigern seien »sehr hart« gewesen. Der Parteichef sprach von einem Druck auf Griechenland, der »Erpressungscharakter« gehabt habe und sagte: »Wir befinden uns auf vermintem Gelände, die konservativen Kräfte haben versucht, uns in eine Falle zu locken, um uns in die budgetäre Erstickung zu führen.«

In die Falle sei man aber nicht gegangen, so Tsipras - der die Gelegenheit nutzte, das Ziel eines Schuldenerlasses zu bekräftigen. Auch kündigte er weitere Gesetze gegen Korruption und Steuervermeidung an - und rief die Minister seiner Regierung auf, »weniger zu reden und mehr zu arbeiten.«

Am Sonntag fand dann ein Antrag der Linken Plattform innerhalb von SYRIZA, der sich gegen die Vereinbarung mit der Eurogruppe wandte, im Zentralkomitee keine Mehrheit. Allerdings fiel die Abstimmung knapp aus: 56 Prozent stimmten für den Kompromiss, 41 Prozent dagegen. Wie es hieß, gehörten auch Abgeordnete und Regierungsmitglieder zu den Kritikern. Beobachter wiesen darauf hin, dass dies eine Belastung für die ohnehin knappe Mehrheit im Parlament werden könnte.

Derweil sorgte eine Kritik von Tsipras am Kurs der konservativen Regierungen in Spanien und Portugal für Empörung in Madrid und Lissabon. Der griechische Regierungschef hatte denen vorgeworfen, sie hätten Griechenland in den Verhandlungen in der Eurogruppe zur »Kapitulation« zwingen wollen. »Diese Mächte wollten nicht, dass das Beispiel Griechenlands andere Länder beeinflusst«, wurde Tsipras mit Blick auf die Absage seiner SYRIZA-geführten Regierung an die Kürzungsdiktate der Gläubiger zitiert.

»Wir sind nicht verantwortlich für die Frustration in Griechenland«, reagierte Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy am Sonntag - und erklärte, allein die »radikale Linke« sei Schuld, da sie der griechischen Bevölkerung unrealistische Versprechen gemacht habe. Wie es aus Regierungskreisen in Spanien hieß, habe man sich über Tsipras auch in Brüssel beschwert. EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker sollen aufgefordert worden sein, die Äußerungen von Tsipras zu verurteilen.

Die Nervosität in Madrid und Lissabon hat einen Grund: In beiden Ländern stehen in diesem Jahr noch Wahlen an - und linke Kräfte haben dort durchaus eine Chance, kräftig zuzulegen. Anfang Februar war die spanische Linkspartei Podemos (»Wir können«) mit 23,9 Prozent in einer Umfrage der konservativen Volkspartei von Rajoy auf den Fersen, die 27,3 Prozent erhielt.

Um Zustimmung in der Bevölkerung muss sich trotz des Kompromisses mit der Eurogruppe auch SYRIZA nicht sorgen. In einer am Samstag veröffentlichten Umfrage erreichte die Linkspartei über 42 Prozent - deutlich mehr als bei den Wahlen Ende Januar. 76 Prozent der Befragten erklärten zudem, sie beurteilten die Arbeit der SYRIZA-geführten Regierung positiv.