nd-aktuell.de / 04.03.2015 / Brandenburg / Seite 10

Grauenvoller Anschlag auf ein Kleinkind

Ein Vater soll seine kleine Tochter über Wochen vergiftet haben, weil sie seiner neuen Beziehung im Weg war. Das Kind überlebte knapp, nun muss das Gericht die Wahrheit finden.

Potsdam. Wegen versuchten Mordes an seiner kleinen Tochter steht ein Vater aus Schleswig-Holstein seit Dienstag in Potsdam vor Gericht. Der 36-Jährige soll 2014 dem damals acht Monate alten Kind über mehrere Wochen hinweg einen Gift-Cocktail verabreicht haben. Zwölf Fälle listet die Anklage gegen den Tierpfleger auf. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wollte der Seedorfer sein Kind töten, weil es ihm bei einer neuen Beziehung im Weg stand. Der Mann bestreitet dies. Er werde zu den Vorwürfen aussagen, kündigte er zum Prozessauftakt an.

Die Qualen des Mädchens begannen demnach am 19. März 2014 und endeten erst mehr als drei Monate später. Weil es nicht mehr zunahm und wuchs, war es in dieser Zeit in verschiedenen Krankenhäusern - erst in Schleswig-Holstein, zuletzt in Brandenburg an der Havel. Selbst in der Klinik soll der Angeklagte seiner Tochter weiter die giftigen Flüssigkeiten verabreicht haben, obwohl diese bereits ins Koma gefallen war und in Lebensgefahr schwebte.

Nach dem Willen von Rechtsanwältin Manuela Krahl-Röhnisch, die das inzwischen 20 Monate alte Kind vertritt, sollte der Angeklagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen. Dies lehnte das Gericht jedoch ab. »Er versucht, sich von den Vorwürfen reinzuwaschen«, begründete die Anwältin ihren Vorstoß. Aufgrund bisheriger Äußerungen sei anzunehmen, dass der angeklagte Vater Familieninterna in einem schlechten Licht darstellen werde. Dies könnte das Kindeswohl des Opfers gefährden.

Nach Darstellung der Juristin geht es dem Mädchen inzwischen wieder gut. Das Kind lebe wieder bei seiner Mutter in der Nähe von Hamburg. Die Frau habe das Sorgerecht für das Mädchen. Von dem Angeklagten, mit dem sie ein weiteres Kind habe, sei sie inzwischen getrennt.

Die Kleine war 2014 zunächst zu einem Pflegefamilie gekommen. Zu Beginn der Ermittlungen verdächtigte die Staatsanwaltschaft auch die Mutter. Ärzte vermuteten ein sogenanntes Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom hinter der Tat. Dabei macht ein Mensch einen anderen bewusst krank oder täuscht eine Krankheit vor, um Zuwendung zu erreichen. Häufig sind es Mütter, die ihr Kind auf diese Weise misshandeln.

Später konzentrierte sich der Verdacht jedoch auf den Vater. Er befindet sich in Untersuchungshaft. Das Landgericht Potsdam hat zunächst 27 Prozesstage bis zum 9. Juli geplant. dpa/nd