Kurs Karibik?

Nach Ruby-Entlastung ist die Zukunft Berlusconis offen

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Oberste Gericht Italiens hat am späten Dienstagabend den Freispruch für Berlusconi im Prozess um Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch in der sogenannten Ruby-Affäre bestätigt.

Silvio Berlusconi wurde freigesprochen: Das Gericht hat in letzter Instanz entschieden, dass er weder Prostitution mit Minderjährigen betrieben noch sein Amt als Ministerpräsident missbraucht hat, um die damals 17-jährige Karima El Mahroug, genannt Ruby, aus dem Polizeigewahrsam zu holen. Wenn er sagte, das Mädchen sei die Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Mubarak und dass ihre Festnahme zu internationalen Komplikationen geführt hätte, tat er das demzufolge in gutem Glauben.

Man mag dazu stehen, wie man will, aber so hat nun einmal das Gericht entschieden (vorher war Berlusconi erst zu sieben Jahren Haft verurteilt und dann freigesprochen worden). Ist für den fast 80-jährigen Politiker und Medienunternehmer jetzt alles gut? Schließlich hat er auch gerade seine Sozialstunden abgeleistet, zu denen er wegen Steuerbetrugs verurteilt worden war. Da könnte er sich doch jetzt problemlos und ohne Altlasten wieder seiner politischen Arbeit und vor allem seiner Partei Forza Italia widmen, die gerade auseinanderzubrechen droht.

Ganz so einfach liegen die Dinge dann aber doch nicht. Das fängt damit an, dass er aufgrund seiner letzten Verurteilung weitere zwei Jahre keine öffentlichen Ämter bekleiden kann; sollte in diesem Zeitraum in Italien gewählt werden, wäre er nicht als Kandidat aufstellbar. Und dann lauern im Hintergrund auch noch eine Reihe von anderen Prozessen und Anklagen. Selbst das Kapitel Ruby ist noch nicht gänzlich abgeschlossen, da in Mailand Untersuchungen laufen, weil er Zeugen bestochen haben soll, damit sie über den wirklichen Charakter der »Bunga-Bunga-Abende« Stillschweigen bewahrten. Es handelt sich dabei um eine Reihe von jungen Frauen, die oft und gern beim Ministerpräsidenten zu Gast waren und die heute alle zumindest eine schöne Wohnung und meist auch einen ordentlichen Batzen Geld ihr Eigen nennen können.

Möglicherweise unangenehm könnte auch der Prozess in Neapel werden, wo Berlusconi beschuldigt wird, 2006 einen Senator mit drei Millionen Euro »gekauft« zu haben, damit dieser die politische Seite wechselte. Der bestochene Sergio De Gregorio ist geständig; ob es allerdings gelingen wird, den Prozess vor Ablauf der Verjährungsfrist zum Abschluss zu bringen, ist fraglich. Unklar ist auch, wie es beim Prozess in Bari weitergehen wird, wo Silvio Berlusconi gleichzeitig als Opfer auftritt und der Falschaussage bezichtigt wird. Der Unternehmer Gianpaolo Tarantini soll dem Premier Prostituierte »besorgt« und ihn dann damit erpresst haben. Berlusconi hat dies unter Eid bestritten.

Unabhängig vom Ausgang der noch anhängigen Prozesse ist Berlusconi auch politisch nicht mehr so stark wie einst. Seine Partei liegt bei etwa 13 Prozent und dürfte bei den nächsten Wahlen im rechten Lager sogar weit hinter dem früheren Bündnispartner Lega Nord rangieren. Zudem häufen sich Gerüchte, dass er einen Teil seiner Unternehmen verkaufen will, um den Lebensabend in der Karibik zu verbringen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal