Mexikos Markenbotschafter

James-Bond-Produktionsfirmen erhalten Steuerbonus für geändertes Drehbuch

  • Andreas Knobloch, Mexiko-Stadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Im November soll der neue Bond in die Kinos kommen. Der Film ist etwas anders als ursprünglich geplant - aus finanziellen Gründen.

Mindestens 14 Millionen US-Dollar an Steuervergünstigungen durch mexikanische Behörden haben Sony Pictures Entertainment und Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc. (MGM) bewogen, Änderungen am Drehbuch des neuen James-Bond-Films »Spectre« vorzunehmen. Es ist ein schönes Beispiel, wie Steuerpolitik Entscheidungen von großen, börsennotierten Unternehmen verändern kann - und wie Filme von Regierungen für Imagekampagnen benutzt werden.

Den Deal öffentlich gemacht hatte das US-Webportal Tax Analysts. Es zitiert aus E-Mails, die bei einem Angriff von angeblich nordkoreanischen Hackern auf Firmencomputer von Sony Pictures Ende November 2014 erbeutet und ins Netz gestellt worden waren. Unter den entwendeten Daten soll sich auch ein frühes Drehbuch des neuen Bond-Streifens befinden. Darin verfolgt der britische Geheimagent in der Anfangssequenz des Films in Mexiko einen Auftragskiller namens Sciarra, der den Bürgermeister von Mexiko-Stadt ermorden soll. Die Behörden des mittelamerikanischen Landes sollen jedoch darauf bestanden haben, dass dieser durch einen ausländischen Politiker ersetzt wird und der Auftragsmörder kein Mexikaner ist. Zudem solle die Frau, aus deren Hotelzimmer heraus 007 die Verfolgungsjagd startet, von einer »bekannten mexikanischen Schauspielerin« dargestellt werden. Kürzlich wurde bekannt, dass Stephanie Sigman (»Miss Bala«) das mexikanische Bond-Girl in »Spectre« darstellen soll.

Eine weitere Forderung lautete: Die mexikanische Polizei dürfe in dem Streifen nicht auftauchen; sie solle durch eine »Spezialeinheit« ersetzt werden. Die E-Mails deuten zudem darauf hin, dass die mexikanischen Behörden die Feierlichkeiten am »Dia de los Muertos« in Szene setzen ließen. Auch sollen Luftaufnahmen von Mexikos Hauptstadt sollen vor allem moderne Gebäude zeigen, um so ein besseres Image zu transportieren - dafür wurden weitere sechs Millionen US-Dollar in Aussicht gestellt.

Unklar bleibt, welche mexikanischen Behörden konkret tätig geworden sind. Auf jeden Fall aber ist die Imagekampagne im Kontext der Bemühungen der Regierung Enrique Peña Nieto zu sehen, die schwere Krise der öffentlichen Sicherheit durch die seit 2006 eskalierende Gewalt des Drogenkrieges herunterzuspielen, die mehr als 120 000 Menschen getötet hat. Insofern soll einem Millionenpublikum die Version eines sich modernisierenden Landes gezeigt werden.

»Es ist nicht ungewöhnlich, dass Anreize mit einer Reihe von Vertragsklauseln versehen werden«, schreibt TaxAnalysts. »Aber die Veränderungen bei ›Spectre‹ scheinen viel weiter zu gehen, da die Studios den mexikanischen Behörden erlauben, Casting-Entscheidungen oder die Staatsangehörigkeit die Charaktere zu diktieren.« Demnach hätten die Studiobosse von Sony und MGM auf Änderungen am Script gedrängt, um die Steueranreize zu erhalten. Mit geschätzten 300 Millionen US-Dollar Produktionskosten ist der von Regisseur Sam Mendes (»American Beauty«) gedrehte Film, der im Herbst in die Kinos kommen soll, einer der teuersten Bond-Streifen aller Zeiten. »Wir stehen derzeit vor einem Budget, das weit über dem liegt, was wir erwartet haben, und stehen unter enormem Druck, die Zahl auf 250 Millionen abzüglich Rabatte und Anreize zu reduzieren«, hatte Jonathan Glickman, Präsident von MGM, in einer E-Mail an die Produzenten des Films geschrieben.

Das wiederum wirft andere heikle Fragen über die Möglichkeiten der Einflussnahme durch Regierungen auf, so TaxAnalysts: »Wenn man für 14 Millionen einen neuen Anfang kaufen kann - wie viel würde es kosten, das Ende zu ändern?«

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