Eigentlich schien die unendliche Justizgeschichte abgeschlossen: 2009 entschied das Oberste Gericht Brasiliens, dass Cesare Battisti des Landes zu verweisen sei, überließ die endgültige Entscheidung darüber aber dem damaligen Präsidenten. Lula entschied 2010, dass Battisti freizulassen sei.
Rom verlangt die Auslieferung von Battisti, der 1993 in Italien in Abwesenheit wegen vierfachen Mords Ende der 70er Jahre zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Battistis Sicht: »Ich bin schuldig, in einer bewaffneten Gruppe gewesen zu sein und Waffen getragen zu haben. Aber ich habe nie auf jemanden geschossen.« Die Gruppe hieß Bewaffnete Proletarier für den Kommunismus.
Nun ist der Fall von Battisti, der sich 1982 ins französische Exil absetzte, juristisch neu entflammt: Eine Bundesrichterin hatte vor zwei Wochen Battistis Verhaftung angeordnet. Wegen seiner Verurteilung in seinem Heimatland habe er »nicht das Recht«, in Brasilien zu bleiben, hieß es zur Begründung. Die Richterin vertrat die Auffassung, Battisti müsse deswegen nach Mexiko oder Frankreich abgeschoben werden - die Länder, in denen der Schriftsteller sich aufhielt, bevor er nach Brasilien kam. Mehr als ein Dutzend Bücher hat der 60-Jährige inzwischen veröffentlicht.
Lange in Haft saß Battisti dann zwar nicht, nach ein paar Stunden kam er wieder auf freien Fuß, doch vom Tisch ist die Sache immer noch nicht: Gegen die Entscheidung zur Ausweisung werde er Einspruch bei der Bundesjustiz einlegen, teilte sein Anwalt mit.
Battisti lebte jahrelang unbehelligt in Frankreich. Die Regierung Mitterrand (1981-1995) weigerte sich damals, ehemalige Militante, die dem bewaffneten Kampf abgeschworen und kein »Blutverbrechen« begangen hatten, auszuliefern. Unter Jacques Chirac (1995-2007) wurde diese Position preisgegeben. Die Festnahme erfolgte 2004 in Paris. Batttisti kam unter Auflagen frei und ihm gelang die Flucht nach Lateinamerika. Am 18. März 2007 wurde er in Rio festgenommen. Der Ausgangspunkt der Justizgeschichte, was Brasilien betrifft - Ende noch nicht absehbar.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/964949.wehrhaft.html