nd-aktuell.de / 18.03.2015 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Scheitern in der Sharing Economy

Ein Hamburger Start-up stellte seine Verleihapp ein - trotz großen Interesses war die Bereitschaft, tatsächlich zu teilen, gering

Miriam Bunjes
Teilen statt besitzen halten viele Menschen für eine gute Idee im digitalen Zeitalter - dabei mitmachen tun sie deshalb noch lange nicht. Das viel beachtete Start-up Why own it warf jetzt das Handtuch.

Vom Teilen hat Philip Gloeckler erst einmal genug - jedenfalls als Geschäftsfeld. Seine Verleihapp »Why own it«, mit der Menschen seit 2012 über ihre Smartphones Dinge untereinander leihen und verleihen können, hat er aus dem App-Store genommen. Jetzt wurde in Hamburg der Server abgestellt.

»Alle fanden unsere Idee toll, auch in den Medien kamen wir richtig gut an und waren in fast jedem Beitrag über die Sharing Economy erwähnt«, sagt Gloeckler. »Aber leider hat das Konzept bei weitem nicht so gut funktioniert, wie es aussah.« Etwas gut zu finden, heiße eben nicht, es dann auch umzusetzen - in diesem Fall, sich die kostenlose App herunterzuladen und dann wirklich mit Menschen im Umkreis zu teilen.

Eine Analyse des Scheiterns der App in Zeiten eines vieldiskutierten Sharing-Trends hat der Hamburger auf der Internetseite seiner Why own it GmbH veröffentlicht. Schon nach 24 Stunden hatten 20 000 Menschen den Beitrag gelesen, sein Telefon steht nicht still, das Postfach quillt über: mit Lob für die gute Idee, Bedauern über ihr Scheitern - aber auch mit Kaufangeboten. »Vielleicht macht ja doch noch jemand das Airbnb für Produkte aus meiner Idee.«

Anders als beim globalen Privatunterkünftevermittler gab es bei Why own it von Anfang an ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage: »Es wollte kaum jemand etwas verleihen, sondern wenn, dann etwas ausleihen«, sagt Gloeckler. Dreimal hätten er und seine Kollegen die App umgestaltet, die zunächst für die Anwendung unter Freunden konzipiert war, dann auf Nachbarn ausgeweitet wurde und eine Übersichtskarte bekam. »Wir haben die kritische Masse trotzdem nicht erreicht.«

Das geht allerdings vielen Start-ups so, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Daniel Veit, der an der Uni Augsburg zur Sharing Economy forscht. Gerade bei einem Angebot zum Teilen und Tauschen hänge viel an der Benutzerzahl, da passende Angebote mit wenigen Teilnehmern unwahrscheinlicher sind. »Der Trend zur Sharing Economy ist aber ungebrochen«, meint der Professor. Es entstünden laufend neue Start-ups mit neuen Ideen - »auch in Deutschland, wo der Markt etwas schwieriger ist«.

46 Prozent der Deutschen sind zum Teilen bereit, zeigen Umfragen. »Das ist noch relativ wenig«, sagt Veit. Denn: Bereitschaft heißt nicht zwangsläufig Handeln. In Deutschland gebe es zudem eine ausgeprägte Eigentumskultur, was die Verleihbereitschaft verringere. »Dass jemand das Auto mit einer Macke zurückbringen könnte, bedeutet hier einfach mehr als in anderen Ländern.« Die neue Wirtschaftsform entwickele sich gerade erst, Scheitern sei da normal.

Den sichtbarsten Erfolg haben die umstrittenen Branchenriesen wie Uber oder Airbnb. Für Veit sind sie eigentlich keine Sharing-Unternehmen, sondern »Unternehmen mit einem cleveren digitalen Geschäftsmodell«. Privatleute vermieten gegen Geld, die Plattformbetreiber bekommen 20 Prozent davon - und weil die Vermieter Privatleute sind, entfalle das unternehmerische Risiko. Mit der Idee der Sharing Economy, dass alle weniger besitzen und dafür mehr teilen, habe das aber wenig zu tun. »Hier geht es um Gewinnmaximierung.«

Auf Mietmodelle setzen im weiten Feld der Sharing Economy aber immer häufiger auch kleine Unternehmen. Unter dem Motto »Mieten statt besitzen« werden Angebot und Nachfrage zusammengebracht. Erfolg stellt sich nur dann ein, wenn viele mitmachen und die technische Oberfläche gut benutzbar ist.

»Die Masse der Nutzer sind keine IT-Spezialisten und wollen Apps und Plattformen auf den ersten Blick verstehen, sonst sind sie gleich wieder weg«, sagt Veit. Die Benutzbarkeit sei zentral, aber auch die Schnelligkeit, eine gute Idee gut umzusetzen. »Es gibt viel Konkurrenz, und die Branchengrößen haben die Messlatte sehr hoch gehängt.« epd/nd