nd-aktuell.de / 05.09.2006 / Brandenburg
Die Hutfabrik bekommt ihren Hut zurück
Der von Erich Mendelsohn entworfene Industriekomplex in Luckenwalde wird wohl noch bis 2008 saniert
Andreas Fritsche
Nur einige Jahre zierte ein Dach in der Form eines Hutes die Färberei der 1921 bis 1923 errichteten Hutfabrik Friedrich Steinberg, Herrmann & Co. in Luckenwalde. Schon 1935 ist das Dach teilweise abgebrochen worden. Jetzt entsteht ein neues Dach, das so wirkt wie das ursprüngliche.
Die von dem Architekten Erich Mendelsohn (1887-1953) entworfene Fabrik ist ein bedeutendes Werk der klassischen Moderne, wie Professor Detlef Karg, der Direktor des Landesamtes für Denkmalpflege, gestern in Potsdam erläuterte. Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte am Potsdamer Neuen Markt wird jetzt in einer Ecke im Obergeschoss über die denkmalgeschützte Hutfabrik und ihre Sanierung informiert. Fünf Jahre schon währt die Sanierung und weitere drei bis vier Jahre wird es wohl dauern, bis alles fertig ist. Wie schnell es vorangeht, hängt letztlich davon ab, wie die Fördermittel fließen. Der Eigentümer Abbas Ayad, das brandenburgische Kulturministerium, der Bund und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steckten bereits rund drei Millionen Euro in den 1992 stillgelegten und seitdem leer stehende Industriekomplex. Nicht alles wird wie einst. Manches sieht nur ungefähr so aus wie früher: Das Glasdach beispielsweise besteht nicht mehr aus Glas, sondern aus PVC-Platten, denn modernes Glas wäre für die historische Dachkonstruktion zu schwer.
Der Berliner Textilhändler Abbas Ayad hatte die Hallen im Jahr 2000 erworben, um darin Textilien recyceln zu lassen. Im Berliner Umland hatte er geeignete Räumlichkeiten gesucht. Den Ausschlag für Luckenwalde gab das gläserne Dach. Wo viel Tageslicht hingelangt, kann man sich die künstliche Beleuchtung und damit eine Stromrechnung von etwa 10 000 Euro monatlich sparen, erzählte Ayad am Montag. Doch ob die frühere Hutfabrik dereinst tatsächlich wie geplant genutzt wird, steht noch in den Sternen. 2008 werde man das Konzept aus der Schublade holen und schauen, ob es dann noch für den Markt taugt, erklärte Ayad.
Die Hutfabrik zählt zu den Frühwerken Mendelsohns, ebenso wie der Einstein-Turm auf dem Potsdamer Telegrafenberg. Als die Faschisten an die Macht kamen, emigrierte der jüdische Architekt über Holland nach Großbritannien und ging 1941 in die USA.
Freitag, 11 bis 14 Uhr, Auftakt zum Tag des offenen Denkmals in Hutfabrik in Luckenwalde, Industriestraße 2, mit Vortrag über den Architekten Erich Mendelsohn
1920: Die Offene Handelsgesellschaft Friedrich Steinberg, Herrmann & Co. entsteht nach dem Zusammenschluss zweier Hutfabriken.
1934: Die unter Einfluss Hermann Görings stehende Norddeutsche Maschinenbau AG kauft die Anlage und stellt hier Flugzeugkanonen und Luftabwehrwaffen her.
1940-41: Um- und Anbauten an der Südseite.
1945: Nach der Demontage der Maschinen nutzt die sowjetische Armee die Fabrik als Reparaturwerkstatt.
1957 bis 1990: VEB Wälzlagerwerk, dann übernommen von dem Unternehmen DKF Kugel-Fischer aus Schweinfurt
2000: Die Familie Ayad kauft Produktionshalle, Färbereigebäude, Kessel- und Maschinenhaus
2001: Beginn der Sanierung
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/96541.die-hutfabrik-bekommt-ihren-hut-zurueck.html