nd-aktuell.de / 21.03.2015 / Kultur / Seite 16

Atelier für inklusive Kunst

Projektraum Spreefeld für Menschen mit und ohne Psychiatrieerfahrung in Mitte eröffnet

Samuela Nickel

Eine dämmerige Fotografie von einem Flussufer, eine blassgrüne Leinwand, die tagelang im Fluss hing - ein Selbstporträt der Spree sozusagen - und ein riesiger Teebeutel, der die Wellen reitet. Die Eröffnungs-Ausstellung des Projektraum Spreefeld hat Spree-Impressionen aus verschiedenen Blickwinkeln geboten - vom Ölbild über ein Graffitibild bis zu einer »Anleitung zur Eroberung letzter kontrollfreier Nicht-Orte im öffentlichen Raum«.

Und um Raum, den man teilt oder Raum, den man sich nehmen muss, geht es mitunter auch bei diesem neuen Projekt, das sich am Spreeufer der Spreefeld-Genossenschaft zwischen Berlin-Mitte und Kreuzberg befindet, einem Ort, der die Grenzen des Wohnens und Gestaltens urbaner Ballungszentren neu ausloten und gestalten will. Unmittelbare Nachbarn auf dem Spreefeld ist das Institut für kreative Nachhaltigkeit und das Teepeeland, ein nichtkommerzielles Wohn- und Kulturprojekt.

»Die Ausstellung ist ein Kaleidoskop der verschiedenen Künstler, die hier arbeiten oder Dozenten sind«, sagt Thomas Zöltsch, einer der ausstellenden Künstler. Der Projektraum Spreefeld, das ist Galerie, Atelier und Veranstaltungsort in einem. Er bietet Menschen mit und ohne Psychiatrieerfahrung eine Plattform für künstlerische Zusammenarbeit. Angestoßen wurde die Idee von der Bremer Anti-Psychiatrie-Bewegung. Dort wurde der Verein Blaue Karawane e.V. ins Leben gerufen. Die »Karawane« habe man »alle paar Jahre in Gang gesetzt« und sei »an verschiedenen Orten vorbeigezogen, um auf die Bedingungen psychisch Kranker und der Möglichkeit der Unterstützung und Hilfe aufmerksam zu machen«, sagt Gabriele Fackelmann, eine der neun freien Künstler, die den Projektraum aufgebaut haben.

Aus diesem Impuls heraus ist der Wunsch entstanden, auch in Berlin ein Haus zu gründen, in dem integriert psychisch kranke und psychisch gesunde, künstlerisch aktive Menschen zusammenleben und zusammenwirken können. »Übrig geblieben ist von dieser etwas größeren Idee die kleine Idee, ein künstlerisches Projekt zu starten, auch mit den selben Zielen des integrativen künstlerischen Zusammenarbeitens«, so Fackelmann.

Das Projekt ist ein Atelierraum, der gemeinschaftlich von einem freien Zusammenschluss von Künstlern genutzt wird. Zum Teil sind die Künstler über die Pinel-Gesellschaft, einer Initiative für psychisch Erkrankte, angestellt. Sie bieten im Projektraum regelmäßig Kurse wie Fotografie- oder Malereiworkshops oder einen Comic- und Graffiti-Workshop für Kinder und Jugendliche an. Diese Zusammenarbeit soll dazu beitragen, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren.

Thomas Zöltsch arbeitet schon lange mit der Pinel-Gesellschaft zusammen: »Ich mache seit 20 Jahren Graffiti und lese noch länger Comics und lasse mich davon inspirieren.« Einer der Schwerpunkte der Galerie ist neben der Fotografie auch Kunst, die sich mit verborgenen Orten in der Stadt beschäftigt.

Der Projektraum soll vor allem eines: vereinen. Und zwar alt mit jung, gestandene Künstler mit Studenten und verschiedene Kunstrichtungen wie Fotografie, Malerei oder Graffiti miteinander - und auch Menschen mit und ohne Psychiatrieerfahrung. All das in einem Raum, der laut Gabriele Fackelmann noch Vieles vor sich hat: »Dieser Ort verbindet uns alle.«

Projektraum Spreefeld, Wilhelmine-Gemberg-Weg 12, Berlin-Mitte, Infos: projektraum-spreefeld.de