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Allzweck-Ackergift verursacht wahrscheinlich Krebs

Weltgesundheitsorganisation legt neue Auswertung von Glyphosat-Studien vor / Neue Zulassung steht dennoch kurz bevor

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Weltgesundheitsorganisation hat das Pestizid Glyphosat als »wahrscheinlich krebserregend für Menschen« eingestuft. In Kürze will die EU über eine weitere Zulassung entscheiden.

Es ist das weltweit häufigste eingesetzte Pestizid: Glyphosat, ursprünglich unter dem Namen »Roundup« vom US-Konzern Monsanto entwickelt und vertrieben, wird seit Ablauf des Patentschutzes in Produkten zahlreicher Hersteller verwendet - in der Landwirtschaft ebenso wie in Privatgärten, an Bahnanlagen und Parks. Bisher hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Pestizid als unbedenklich eingestuft. In einer neuen Studie, deren Ergebnisse vorab in der Fachzeitschrift »The Lancet« veröffentlicht wurden, kommt die Krebsforschungseinrichtung der WHO nun zu einer anderen Schlussfolgerung. Glyphosat sei »wahrscheinlich für den Menschen krebserregend«, teilte die International Agency for Research in Cancer (IARC) mit und verpasste dem Wirkstoff die Kategorie 2A, die zweithöchste Gefahrenstufe. Demnach gibt es »begrenzte Belege für die Karzinogenität«. Die IARC bezieht sich auf Studien aus Schweden, den USA und Kanada, bei denen kranke Landwirte untersucht wurden, die mit Glyphosat gearbeitet hatten. Außerdem stellten die Forscher fest, dass es »überzeugende Belege« gebe, dass durch das Pestizid Krebs bei Versuchstieren ausgelöst wurde.

Der Zeitpunkt der neuen Veröffentlichung ist für Pestizidhersteller extrem ungünstig. Noch in diesem Jahr will die EU über eine weitere Zulassung für die kommenden zehn Jahre entscheiden. Grundlage der Entscheidung soll eine von der EU in Auftrag gegebene Expertise des Bundesamtes für Risikoforschung (BfR) sein. Die Behörde hatte den Wirkstoff bisher nicht als krebserregend eingestuft. Sie sieht nach eigenen Angaben »keine Hinweise auf krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat« und will die WHO-Studie »gründlich prüfen«.

Nach Einschätzung des Pestizid-Experten der Grünen, Harald Ebner, zeige die Studie der WHO, dass das »allgegenwärtige Allzweck-Ackergift«, anders als vom BfR beurteilt, nicht »harmlos« sei. Der Bundestagsabgeordnete forderte, das Verfahren für eine weitere Zulassung von Grund auf neu aufzurollen. Glyphosatprodukte dürften nicht verwendet werden, »solange Gesundheitsgefahren nicht umfassend durch neue industrieunabhängige Studien geklärt und ausgeschlossen wurden«.

Der US-Konzern Monsanto und andere Hersteller wiesen die neue Beurteilung der WHO entschieden zurück. Die IARC habe Untersuchungen nicht beachtet, die in Glyphosat keine Gefahr für die menschliche Gesundheit sehen, heißt es in einer Erklärung. »Alle zugelassenen Anwendungen von Glyphosat sind sicher für die menschliche Gesundheit«, sagte Vorstandsmitglied Philip Miller.

Glyphosat ist seit langem umstritten. Auf Plantagen in Nord- und Südamerika, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, ist das Spritzmittel Standard. Von dort gibt es immer wieder Berichte, nach denen es zu Missbildungen und Krebserkrankungen bei Kindern gekommen ist, die in der Nähe der Felder leben. In der Kritik ist der Einsatz auch, weil durch die Unkrautvernichtung die Lebensgrundlagen von Insekten zerstört werden.

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