»18 Jahre illegale Finanzierung«

Richter Pablo Ruz schließt seine Ermittlungen über die Machenschaften der spanischen Volkspartei ab

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
In Spaniens konservativer Regierungspartei PP sind nach Einschätzung eines Gerichts fast zwei Jahrzehnte lang Schwarzgeldkonten geführt worden.

Es kommt im Superwahljahr dick für Spaniens regierende konservative Volkspartei (PP). Nachdem sie in Andalusien bei den Wahlen am Sonntag abstürzte, hat nun der Ermittlungsrichter Pablo Ruz seine Ermittlungsakte zugeklappt. Mit desaströsen Ermittlungsergebnissen für die PP. die in jedem Land, in dem Korruption nicht wie hier alltäglich ist, längst für Rücktritte und Neuwahlen gesorgt hätten. Der Richter am Nationalen Gerichtshof belegt, dass sich die PP mit illegalem Geld von Firmen finanziert und Vorteile in Wahlkämpfen verschafft hat. In seinem 190-seitigen Beschluss zeigt er »solide und fundierte« Hinweise auf, dass die PP sich »systematisch zwischen 1990 bis mindestens 2008 aus privaten Quellen finanzierte« und gegen bestehende Gesetze verstoßen habe.

Ruz hat die parallele Buchführung des Ex-Schatzmeisters Luis Bárcenas nachvollzogen, auf der er alle Einnahmen und Ausgaben verzeichnet hat, die die Tageszeitung »El País« im Januar 2013 veröffentlichte. Dass die PP »Schwarzgeldkassen« hatte, ist für den Richter zweifelsfrei bewiesen. Schon Bárcenas hatte nach seiner Inhaftierung im Juni 2013 zugegeben, dass es seine handschriftlichen Unterlagen sind. Das Geld stammte von »Baufirmen und anderen Unternehmen«, die dafür »im Gegenzug öffentliche Aufträge erhielten«. Die PP streitet das ab, doch Ruz konnte die Kontobewegungen nachweisen und die Zahlungen durch Vernehmung von Firmenchefs bestätigen.

Nach Bárcenas, der wie sein Vorgänger Álvaro Lapuerta nun angeklagt wird, sei es auch eine »Tradition« in der PP, aus Schwarzgeldkassen »Zusatzlöhne« in bar an Parteiführer zu zahlen. Er erklärte detailreich, wann und wo er zum Beispiel Bargeldumschläge der Generalsekretärin María Dolores de Cospedal überreichte. Ministerpräsident Rajoy soll sogar die höchste Gesamtsumme erhalten haben.

Zunächst stritten auch Rajoy und Cospedal alles ab und nahmen Bárcenas sogar in Schutz. Nun behaupten sie, dass es Bárcenas Kassen und nicht die der PP waren. Der kontert, dass er wohl kaum die Renovierung der Parteizentrale bezahlt hätte. Und dieser Vorgang ermöglicht Ruz nun auch ein Vorgehen gegen die Partei.

In seinem Beschluss wird auch die Hilflosigkeit von Ruz deutlich. Obwohl er illegale Vorgänge nachweist, lassen geltende Gesetze keine Bestrafung der Partei oder ihrer Verantwortlichen wegen illegaler Finanzierung zu. Die wurde grundsätzlich erst 2010 strafbar. Der Tatbestand wurde indes bis heute nicht ins entsprechende Gesetz eingefügt. Zudem machen schnelle Verjährungsfristen Anklagen wegen Bilanzfälschung unmöglich. Steuerhinterziehung von vor 2008 ist bereits verjährt und man macht sich hier erst strafbar, wenn pro Jahr mindestens 120 000 Euro hinterzogen werden.

Im Fall der PP musste der Richter die Finanzbehörden mehrfach zwingen, die Steuersumme zu berechnen, die 2008 für nicht deklarierte illegale Einnahmen anfiel und von der PP nicht abgeführt wurde. Sogar die PP-Zentrale musste er durchsuchen lassen, weil sich die Mitarbeiter weigerten, Unterlagen zur Renovierung auszuhändigen. Nun kann Ruz die beiden Ex-Schatzmeister der PP und die Partei als »Begünstigte« dafür anklagen, dass sie 2008 mehr als 200.000 Euro hinterzogen hätten.

Für die Schwarzgeld-Renovierung der Zentrale wird auch die Firma Unifica angeklagt, die dafür 1,55 Millionen Euro steuerfrei erhielt. Der Richter, der nun seinen Posten räumen muss, fragt nach »Verantwortlichen«, denn Bárcenas und Lapuerta waren nur »Angestellte«. An Chefs wie Rajoy oder Cospedal kommt der Richter bei dieser Gesetzeslage offenbar nicht heran. Sie können nur von den Wählern bei den Regional- und Kommunalwahlen im Mai und bei den Parlamentswahlen voraussichtlich im November zur Verantwortung gezogen werden. Der Absturz in Andalusien dient als Menetekel.

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