Bloß ein Schritt, kein Sprung

Neue Klage Freier Schulen in Sachsen wahrscheinlich

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie hat sich bemüht - diese nicht eben schmeichelhafte Wendung schreiben Vertreter der Schulen in freier Trägerschaft der sächsischen Kultusministerin Brunhild Kurth ins Zeugnis. Die Beurteilung wird fällig anlässlich eines von der CDU-Politikerin vorgelegten Gesetzentwurfes zur Finanzierung freier Schulen, den am Mittwoch das CDU/SPD-Kabinett in Dresden beschloss. Das Gesetz sei »ein Schritt«, gesteht Konrad Adam, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Schulen in freier Trägerschaft: »Aber der Sprung ist es nicht.«

Die staatlichen Zuschüsse für die derzeit 380 freien Schulen in Sachsen müssen neu organisiert werden, weil am 15. November 2013 der Verfassungsgerichtshof des Landes die bisherigen Regelungen gekippt hatte. Der von der Ministerin nun vorgelegte Entwurf sieht daher weitreichende Neuregelungen vor. So wird die Wartezeit, die eine neu gegründete freie Schule bis zur vollen Finanzierung überbrücken muss, wieder von vier auf drei Jahre verkürzt.

Während dieser Zeit zahlt das Land 40 Prozent der Kosten, danach rückwirkend weitere 40 Prozent. Erhöht werden auch die Zuschüsse für Lernmittel und Sachausgaben - und zwar stärker, als bei der ersten Vorlage des Entwurfs Ende 2014 geplant war. Insgesamt würden die Zuschüsse pro Schüler um rund 1000 Euro aufgestockt, sagte Kurth. Allein 2016 steigert das Land die Zuschüsse in dem Bereich deshalb von 255 auf 327 Millionen Euro.

Umstritten bleibt aber die Höhe der vom Land übernommenen Personalkosten. Der Freistaat zahlte bisher 80 Prozent der Summe, die für Lehrer an öffentlichen Schulen anfällt, und will den Satz auf 90 Prozent erhöhen. Damit sei es möglich, ein »schulisches Kernangebot« zu finanzieren, ohne dass Elternbeiträge erhoben werden müssten, sagte Kurth. Sie fügte hinzu, eine »Vollfinanzierung« aller Ausgaben der freien Schulen habe das Verfassungsgericht nicht gefordert. Die Ministerin gab sich unter Berufung auf ein eigens angefertigtes Gutachten überzeugt, dass der Entwurf verfassungskonform ist.

Die Träger kritisieren das Herangehen. Eine »unsachgemäße Erhebung der Kosten« führe dazu, dass tatsächlich nur 75 Prozent der Personalkosten an den Gymnasien und 65 Prozent an Oberschulen gedeckt würden, sagte Schneider, der aber auch in einem Satz von 90 Prozent eine Benachteiligung sähe. Sie stelle die freien Schulen, an denen 61 557 Schüler lernen, vor ein Dilemma: »Ermöglicht man den Eltern Schulgeldfreiheit, muss man das auf dem Rücken der Lehrer austragen - oder umgekehrt«, sagte Schneider. Die Träger der freien Schulen fordern eine Gleichbehandlung. Insgesamt sei der Entwurf »eine große Chance, die man nicht genutzt hat«. »Die Eltern müssen weiter zahlen«, fürchtet Anke Spröh, Sprecherin des Landeselternrats (LER). In einer Mitteilung der Elternvertretung heißt es, der Entwurf werde »den Anforderungen der sächsischen Verfassung nicht gerecht«.

Damit sind neue Klagen absehbar. Der LER setzt Hoffnungen in die Opposition. Das Urteil von 2013 war auf eine abstrakte Normenkontrollklage hin erfolgt, die Abgeordnete von LINKE, Grünen und SPD eingereicht hatten. Konrad hält aber auch konkrete Klagen von Trägern einzelner Schulen beim Verfassungsgericht für sehr wahrscheinlich: »Da bin ich zuversichtlich.« Zuvor muss das Gesetz freilich den Landtag passieren. Im April soll es eine Anhörung geben. Kurth glaubt daran, dass die Neuregelungen noch vor der Sommerpause beschlossen werden und Anfang August in Kraft treten können.

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