Von Tel Aviv in den Gropius-Bau

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Nein, das hier abgebildete Ölgemälde »Einsamkeit« von Marc Chagall (102 x 169 cm, 1933) stammt nicht aus der fragwürdigen Kunstsammlung des Cornelius Gurlitt. Es kommt aus den Beständen des Tel Aviv Museums und ist vom heutigen Freitag an bis zum 21. Juni im Martin-Gropius-Bau zu bestaunen. Ein anderer Chagall, die »Allegorische Szene«, war 2012 bei Gurlitt beschlagnahmt und bald darauf als Beutekunst identifiziert worden. Die in Riga lebende deutsch-jüdische Familie Blumstein hatte nachweisen können, dass es aus ihrem Besitz stammt.

Mit der Ausstellung »Jahrhundertzeichen. Tel Aviv Museum of Art visits Berlin« leistet der Gropius-Bau seinen Beitrag zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland. Zu sehen sind etwa 70 Meisterwerke der Moderne aus dem exzellent bestückten Tel Aviv Museum: Beckmanns, Pollacks, Picassos ... Kontrapunktisch gegenübergestellt ist diesen Werken neuste Video- und Installationskunst aus Israel. »Der Dialog zwischen klassischer Moderne und zeitgenössischer israelischer Medienkunst«, heißt es, »erstreckt sich über alle Räume und ist Teil des kuratorischen Konzepts.« Eine solche Gegenüberstellung sei auch charakteristisch für die Arbeit des Tel Aviv Museums, sagte am Donnerstag in Berlin dessen Direktorin Suzanne Landau.

Dass die Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen weiter zurückreicht als 50 Jahre und auch nicht erst mit der Gründung des Staates Israel beginnt, veranschaulicht ein Blick auf die Geschichte des Museums. 1932 ins Leben gerufen und bis 1947 geleitet wurde es von Dr. Karl Schwarz, einem Kunsthistoriker aus - Berlin. Zur selben Zeit, da in Deutschland Kunst als »entartet« gebrandmarkt und jüdische Kunstbesitzer schändlich beraubt wurden (wie die Familie Blumstein um Chagalls »Allegorische Szene«), besuchte jener Dr. Schwarz wichtige Künstler und Sammler und bat sie - offenbar mit großem Erfolg - um Werke für das neue Museum.

Cornelius Gurlitt ist inzwischen verstorben. Seine Sammlung hat er dem Kunstmuseum Basel vererbt. Schade eigentlich. Das Tel Aviv Museum wäre wohl der würdigere Nachlassempfänger gewesen. mha © VG Bild-Kunst/Foto: Elad Sarig

Bis 21. Juni, Mi-Mo 10-19 Uhr, Katalog.

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