Nach acht Jahren endgültig freigesprochen

Amanda Knox und ihr Ex-Freund sind nicht Schuld am Mord an britischer Austauschstudentin - Eltern des Opfers sind geschockt

  • Lesedauer: 3 Min.
Das höchste Gericht in Italien fällt nach jahrelangem Hin und Her ein spektakuläres Urteil: Amanda Knox und ihr Ex-Freund sind nun doch nicht Schuld an dem Mord an einer britischen Austauschstudentin.

Rom/Seattle. Nach fast acht Jahren Justizgerangel haben die Amerikanerin Amanda Knox und ihr Ex-Freund erleichtert auf ihren endgültigen Freispruch in Italien reagiert. »Ich bin so dankbar, dass ich mein Leben zurückhabe«, sagte die 27-Jährige in ihrer Heimat Seattle unter Tränen. Das höchste Gericht in Italien hatte Knox und den Italiener Raffaele Sollecito am Freitag von ihrer Verurteilung zu langen Haftstrafen freigesprochen, weil sie nicht Schuld an dem Mord an der britischen Austauschstudentin Meredith Kercher seien. Deren Familie zeigte sich nach dem überraschenden Urteil geschockt und sprach von einer »Schlappe für die italienische Justiz«.

Denn wer der oder die Mörder sind und was das Motiv sein könnte, bleibt auch nach dem fünften Urteil in dem spektakulären Fall unklar. Als einziger sitzt der Ivorer Rudy Guede wegen Beihilfe zum Mord eine 16 Jahre lange Haftstrafe ab. Die Ermittler waren sich aber einig, dass er nicht alleine gehandelt haben kann.

Kercher war in der italienischen Stadt Perugia im November 2007 vergewaltigt und mit unzähligen Messerstichen ermordet worden. Knox und Sollecito waren in erster Instanz zu langen Haftstrafen verurteilt worden und saßen vier Jahre in Haft, obwohl sie ihre Unschuld beteuerten. Einen anschließenden Freispruch kippte das höchste Gericht in Rom im Jahr 2013. Darauf folgte eine Verurteilung für Knox, die seit ihrem ersten Freispruch im Jahr 2011 in den USA ist, von 28 Jahren und sechs Monaten und für Sollecito von 25 Jahren.

»Endlich kann ich mein Leben weiterleben«, sagte der 31-jährige Sollecito nun. »Endlich muss ich mir keine Sorgen um Gerichtsakten mehr machen und kann zur Normalität zurückkehren.« Sieben Jahre sei sein Leben unterbrochen worden. »Ich habe mit der Angst gelebt, festgenommen zu werden, obwohl ich weiß, dass ich unschuldig bin.« Niemand könne das wiedergutmachen, aber wer einen Fehler gemacht habe, müsse dafür zahlen.

Knox erklärte vor ihrem Elternhaus, sie sei »unglaublich dankbar« für die Gerechtigkeit, die ihr zuteilgeworden sei. Das Wissen um ihre Unschuld habe ihr »Stärke in den düstersten Zeiten dieser Tortur« gegeben. »Meredith war meine Freundin«, fuhr sie fort. Sie hätte so viel in diesem Leben verdient. Was die Zukunft bringen werde, wollte ein Reporter wissen. »Ich weiß es nicht«, sagte Knox. Sie müsse erst den gegenwärtigen Moment aufnehmen und der sei »voller Freude«. Knox arbeitet als Reporterin für eine Zeitung und will bald den gleichaltrigen Musiker Colin Sutherland heiraten.

»Amanda ist glücklich, wir werden Haftentschädigung fordern«, sagte ihr Anwalt Carlo Dalla Vedova in Rom. Seine Mandantin wurde zwar zu einer Strafe von drei Jahren wegen Verleumdung eines Kneipenbesitzers nach der Tat verurteilt. Diese hat sie jedoch schon abgesessen.

Kerchers Familie war dagegen bestürzt. »Es ist eine Wahrheit, die schwer zu verdauen ist für die Familie, für uns Verteidiger und für Richter, die zuvor die Verurteilungen ausgesprochen haben«, sagte Anwalt Francesco Maresca, der mit Merediths Schwester Stephanie telefonierte. Sie sei sehr »bestürzt« gewesen. Merediths Mutter Arline Kercher sagte, sie sei »überrascht und sehr schockiert.« Nach acht Jahren seien sie wieder ganz auf Anfang, sagte sie der Zeitung »La Repubblica«. »Niemand scheint fähig zu sein, die Wahrheit herauszufinden.« dpa

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