Hochmodernes Gaskraftwerk soll vom Netz

Betreiber wollen Druck auf Bundesregierung machen

  • Christoph Trost
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Betreiber eines hochmodernen Gaskraftwerks in Irsching in Oberbayern, das erst seit Kurzem in Betrieb ist, haben offiziell die Stilllegung der Anlage angekündigt. Die Blöcke Irsching 4 und 5 sollten zum 1. April 2016 vom Netz genommen werden, teilten der Eon-Konzern und die Versorger Mainova, N-Ergie und HSE am Montag mit. Das ist kein vorgezogener Aprilscherz. Die Hintergründe sei eine »mangelnde Perspektive für einen wirtschaftlichen Betrieb« nach Auslaufen der derzeitigen Verträge mit dem Netzbetreiber.

Zugleich drohten die Unternehmen als »Ultima Ratio« bereits mit rechtlichen Schritten, falls die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstehende Bundesnetzagentur der angemeldeten Stilllegung widersprechen sollte. Sie erhöhten damit den Druck auf die Politik, die Rentabilität moderner Kraftwerke sicherzustellen.

Die hochmoderne Anlage in der Nähe von Ingolstadt ist erst seit wenigen Jahren am Netz. Der Block Irsching 5 ging 2010 in Betrieb und hat eine Leistung von 846 Megawatt. Irsching 4 mit 550 Megawatt Leistung, das dem Eon-Konzern alleine gehört, ging 2011 in Betrieb. Beide Blöcke gehören zu den effizientesten und modernsten Kraftwerken Europas.

Allerdings stehen vor allem Gaskraftwerke derzeit massiv unter wirtschaftlichem Druck - obwohl sich der Gas- wie der Ölpreis seit geraumer Zeit auf einem niedrigen Niveau bewegen. Den Grund sehen die Betreiber in der Energiewende und im Absturz der Börsenstrompreise. »Die zunehmenden Mengen subventionierten Stroms aus erneuerbaren Energien und die niedrigen Großhandelspreise für Strom lassen mittlerweile keinen Einsatz am Markt mehr zu«, erklärten die vier Betreiber.

»Im gesamten Jahr 2014 hat das Kraftwerk zu keiner Stunde Strom für den Markt produziert«, heißt es in der Mitteilung der Unternehmen. Irsching 4 und 5 seien im vergangenen Jahr lediglich zur Stabilisierung des Stromsystems zum Einsatz gekommen. Dafür hätten die Eigentümer »eine vertraglich vereinbarte Vergütung« bekommen, die aber gerade ausreiche, um die entstehenden Kosten zu decken.

Nach Auslaufen der Verträge müssten die Gaskraftwerke ihre Kosten vollständig auf dem Markt verdienen. Dafür gebe es aber derzeit keine Perspektive: »Um keine roten Zahlen schreiben zu müssen, sehen die Eigentümer keine Alternative zu einer Stilllegungsanzeige.«

Das will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) freilich nicht unbedingt zulassen. Er hat bereits in Aussicht gestellt, dass die Bundesnetzagentur der Stilllegung widersprechen wird, wenn sie Irsching für die Stabilität der Netze für wichtig hält. Dann fielen die beiden Blöcke unter die sogenannte Reserve-Kraftwerksverordnung. Das wollen die Betreiber aber nicht hinnehmen. Denn diese Verordnung sei für ältere Kraftwerke gedacht und erkenne »wesentliche Kostenfaktoren« neuerer Anlagen nicht an.

»Ein wirtschaftlicher Betrieb auf Basis dieser Verordnung ist somit nicht möglich. Die Eigentümer wären gezwungen, ihre Anlagen nicht kostendeckend zu betreiben. Deshalb behalten sie sich für den Fall eines Widerspruchs gegen die Stilllegung den Rechtsweg vor«, erklärten sie.

Die vier Betreiber des Irschinger Gaskraftwerks forderten die Politik deshalb zur Änderung der Verordnung auf, damit auch die Kosten moderner Kraftwerke gedeckt würden. dpa/nd

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