nd-aktuell.de / 02.04.2015 / Kommentare

Hoffentlich historisch

Fabian Köhler über die Einigung im Atomstreit mit Iran

Es gibt nicht viele Tage, die im Mittleren Osten im positiven Sinne Geschichte schrieben: Der 17. September 1978, als Israel und Ägypten ihren Friedensvertrag besiegelten, war so einer. Auch der 13. September 1993, als Rabin und Arafat sich auf der Wiese vor dem Weißen Haus die Hände reichten. Nun könnte der 2. April 2015 als Tag in die Geschichte eingehen, an der der Westen und Iran den Streit um das iranische Atomprogramm beendeten.

Ja, Skepsis ist angebracht. Viel davon! Noch sind es nicht mehr als sieben Unterschriften (die der fünf UN-Vetomächte, Deutschlands und des Iran) auf einem Stück Papier. Noch ist im Iran keine einzige Zentrifuge demontiert, noch längst keine Sanktion im US-Senat zurückgenommen. Und dennoch ist dieses Signal, welches von Lausanne ausgeht, so viel mehr. Gerade weil es im Atomstreit mit dem Iran um viel mehr ging, als die Frage ob der Westen einem Staat ein eigentlich selbstverständliches Recht gewähren soll: das auf die friedliche Nutzung von Atomenergie. Um viel mehr als die selbstverständliche Verhinderung eines Strebens, das leider für viele Staaten immer noch selbstverständlich ist: das nach Atomwaffen.

Es ist ein Signal für die Entwicklung einer Region, in der »historisch« lange nur als Attribut für das Ausmaß von Vertreibungen, Massakern, Fanatismus und westliche Bigotterie taugte. Ein Signal zum Abbau von Sanktionen, unter denen – wie so oft – nicht die Mächtigen, sondern die einfachen Menschen litten. Ein Signal für das Ende eines Atomprogramms, das bei Millionen Menschen existenzielle Ängste hervorrief. Und das zur Generierung von Feindbilder genutzt wurde, die nicht nur im Mittleren Osten zur Existenz von Millionen von Menschen gehören.

Was dieses Papier wert ist, wird sich nun in den nächsten Monaten und Jahren zeigen: In Teheran und Washington, im US-Senat und im Reaktor von Busher. Wahrscheinlich noch bevor dieser Kommentar fertig geschrieben ist, werden Akteure, für den der Streit und nicht dessen Lösung längst existenziell geworden ist, versuchen die Einigung zu torpedieren. Werden Menschen im Mittleren Osten weiter töten und sterben; Millionen auch morgen in eine ungewisse Zukunft schauen.

Und dennoch ist dieser 2. April 2015 historisch. Allein deshalb, weil er Grund zu etwas gibt, das in der Region viel zu lange wie ein Fremdwort schien: Optimismus.