Goldene Brücken für künftige Landärzte

Nach vierjähriger Vorbereitung nimmt die privat finanzierte Medizinische Hochschule Brandenburg den Betrieb auf

  • Klaus Peters
  • Lesedauer: 3 Min.
Die ersten 48 Studenten starten an der neuen Medizinischen Hochschule Brandenburg ihre Ausbildung - sie sollen danach möglichst im Land bleiben. Die Initiatoren setzen auf den »Klebe-Effekt«.

Trotz des Ärztemangels in Krankenhäusern und besonders auf dem Land hatte Brandenburg als einziges Flächenland keine eigene medizinische Hochschule. Aus diesem Grund haben Professoren der Klinken in Neuruppin und Brandenburg/Havel nach vierjähriger Vorbereitung die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) als private Universität auf den Weg gebracht.

»Der Anstoß war, dass wir zunehmend weniger und zunehmend weniger qualifizierte Studenten und Ärzte von der Charité bekommen«, sagt Wilfried Pommerien, Prodekan für Studium und Lehre und Professor für Innere Medizin am Städtischen Klinikum Brandenburg/Havel. »So haben wir uns entschlossen, unseren eigenen Nachwuchs auszubilden.«

An diesem Montag starten in Neuruppin 48 Studenten ins erste Semester Humanmedizin auf dem Campus in den Ruppiner Kliniken. Zu denen, die am Freitag feierlich immatrikuliert wurden, zählt Patrick Timm aus Pinneberg in Schleswig-Holstein. »Ich interessiere mich besonders für den ganzheitlichen Ansatz, der in Neuruppin verfolgt wird«, sagt der 20-Jährige. »Eine Medizin von Mensch zu Mensch, anders als der Ablauf bei den großen Krankenhauskonzernen.« Timm hat nach dem Abitur in einem Krankenhaus gearbeitet und kann sich vorstellen, in Brandenburg in einer Klinik oder in einer Landarztpraxis zu arbeiten.

So sieht das auch Justus Ziegler aus Berlin. Seit fünf Jahren hat er auf einen Studienplatz gewartet und als Krankenpfleger gejobbt. »Ich interessiere mich besonders für die medizinische Versorgung älterer Menschen, die an der MHB einen Schwerpunkt hat«, sagt der 23-Jährige. Die Bevölkerung in Brandenburg altere, besonders auf dem Land. »Ob Klinik oder Arztpraxis, das sieht man dann nach dem Studium, wofür man sich besonders interessiert«, sagt Ziegler.

Damit passten Timm und Ziegler genau ins Konzept der privaten Universität. Tausende Bewerber müssen wegen des Numerus Clausus oft jahrelang auf einen Medizinstudienplatz an einer staatlichen Hochschule warten. So waren mehr als 450 Bewerbungen für das erste Semester eingegangen. Ein Einser-Abitur ist dennoch nicht Aufnahmevoraussetzung. »Wir haben schon auf die Abiturnote geschaut, aber wichtiger war, dass die Bewerber eine medizinische Vorbildung haben und sich wirklich zum Arzt berufen fühlen«, sagt Pommerien. Viele der Studenten haben schon als Pfleger, Rettungssanitäter oder Physiotherapeuten gearbeitet.

Neben den künftigen Ärzten beginnen auch 24 angehende Psychologen ihr Bachelor-Studium im Alten Gymnasium in Neuruppin. Bis 2020 soll die Gesamtzahl der Studenten auf knapp 500 wachsen. Für die Medizin-Ausbildung wurden bisher 20 Professoren berufen, die Seminare bestreiten aber auch Oberärzte und Dozenten aus 35 Lehrpraxen. »Schon im ersten Semester gibt es praktische Seminare in Klinken, etwa körperliche Untersuchungen von Patienten«, erläutert Pommerien. Nach vier Jahren auf dem Campus in Neuruppin wechseln die Studenten für ein Jahr ins Seminar nach Brandenburg/Havel. Ab dem siebten Semester wird die klinische Ausbildung in Krankenhäusern im ganzen Land fortgesetzt, während die Seminare dann hauptsächlich über Internet-Foren laufen. Das Land zahlt keine Zuschüsse für die Privat-Uni. Brandenburg setzt bei der Ärzte-Ausbildung weiter auf die Kooperation mit der Berliner Charité, der zwölf Brandenburger Kliniken als Lehrkrankenhäuser dienen. Die MHB wird von den Ruppiner Klinken, dem Städtischen Krankenhaus Brandenburg/Havel und dem Herzzentrum der Immanuel-Diakonie in Bernau (Barnim) getragen. Auch die Sparkasse Ostprignitz-Ruppin und die Stadtwerke Neuruppin sind beteiligt.

Die Kosten für eine Mediziner-Ausbildung sind im Vergleich zu anderen Studiengängen hoch, für das sechsjährige Studium werden Gebühren in Höhe von 115 000 Euro fällig. Doch ein Netz von 20 Kliniken gewährt den Studenten ein Stipendium von 80 000 Euro, das sie nicht zurückzahlen müssen, wenn sie nach dem Studium dort ihre fünfjährige Facharztausbildung absolvieren. Mancher junge Arzt, hofft man, wird so in Brandenburg »kleben« bleiben.

Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE) ist da nur verhalten optimistisch. »Die MHB hat sich damit ein hohes Ziel gesetzt«, sagt sie. Aber: »Wir benötigen Ärztenachwuchs, der bereit ist, in unseren durchweg modernen Krankenhäusern mitzuarbeiten und in Arztpraxen auch im berlinfernen Raum tätig zu sein.« dpa

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