Selbst Ulbig sieht es ein

Dresdner OB-KandidatInnen und Protest gegen Auftritt von Geert Wilders

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Auftritt war ungewöhnlich: Drei Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters in Dresden teilten sich ein Podium, obwohl »es nicht um Stimmenwerbung geht«, wie FDP-Mann Dirk Hilbert sagte: »Es geht um Dresden«. Genauer: gegen den Auftritt des Rechtspopulisten Geert Wilders aus Holland bei einer Kundgebung der islamfeindlichen Bewegung Pegida, der für den Montagabend in der Flutrinne, einer Hochwasserschutzanlage nahe der Messe, geplant war. Hilbert, seit dem Rücktritt von Helma Orosz und mindestens bis zur Wahl am 7. Juni Chef im Rathaus, sorgt sich deshalb um das Klima in der Stadt - ebenso wie seine Konkurrenten, Eva-Maria Stange (SPD), die derzeit Sachsens Kunstministerin ist, und Markus Ulbig (CDU), der Innenminister.

Alle drei fanden deutliche Worte. Wilders sei »ein Mensch, der Hass in sich trägt und spaltet«, sagte Ulbig. Hilbert warnte davor, dass Dresden zum »Wallfahrtsort für die europäische Rechte« wird. Stange sieht »eine Toleranzgrenze überschritten«. Man könne mit Blick auf Pegida nun endgültig »nicht mehr nur von Menschen mit Fragen und Problemen reden«, sagte sie. Das sieht selbst Ulbig inzwischen so, der sich noch Ende Januar mit den damaligen Pegida-Organisatoren getroffen hatte. Danach spaltete sich die Bewegung, der Flügel um Gründer Lutz Bachmann radikalisierte sich weiter. Zu Anfang hätten »noch nicht Hass und Zwietracht im Mittelpunkt gestanden«, sagte Ulbig. Jetzt gebe es für ihn »keinen Grund mehr, mich mit den Initiatoren zu treffen«.

Nicht nur solche Äußerungen zeigen, dass der Auftritt von Wilders in Dresden als Zäsur empfunden wird. »Das könnte ein Wendepunkt sein«, sagt Ulbig. Er hofft, dass die Radikalisierung von Pegida dazu führt, dass sich Teile der Anhängerschaft abwenden. Dagegen setzt Bachmann auf Auftrieb - er erwartete für den Abend bis zu 30 000 Menschen. Selbst wenn es weniger werden sollten, hat Pegida das Klima in der Stadt bereits verdorben, sagt Stange. »Ich erlebe einen Tabubruch«, sagt sie: »Dinge, die bisher nur am Stammtisch gesagt wurden, hört man jetzt in aller Öffentlichkeit.«

Dem widersetzen sich viele Bürger. Mehrere Initiativen hatten zu einem Sternmarsch aufgerufen. Am Albertplatz folgten nachmittags mehrere hundert Menschen einem Aufruf von LINKE, SPD und Grünen. »Der Kitt, der Pegida zusammenhält, heißt Rassismus«, sagte LINKE-Bundeschefin Katja Kipping: »Dazu sagen wir Nein.« Auch an der TU startete eine Demonstration mit rund 300 Menschen. Das Bündnis »Dresden nazifrei«, das zu Blockaden aufrief, um Wilders’ Auftritt zu verhindern, hatte Anhänger zu zwei »Mobilisierungspunkten« in Bewegung gesetzt. Bis zum Nachmittag hatten sich erst 250 Menschen eingefunden. »Da geht noch was«, konstatierte das Bündnis auf Twitter.

Zuvor war die Route einer geplanten Demonstration von der Stadt nicht zugelassen worden; ein Gericht bestätigte das Verbot am Montag. Damit war Protest in Sicht- und Hörweite nicht mehr möglich. Die Stadtverwaltung trete das Versammlungsrecht mit Füßen, wetterte »Dresden nazifrei« und fügte an, es sei »unstrittig«, dass die Ordnungsbehörden eine »Konfrontation und Eskalation« bewusst betrieben.

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