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Genf III darf nicht scheitern

Syriens Regierung bemüht sich um neue Gesprächsrunde zur Lösung des Konflikts

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 4 Min.
Nach vier Jahren Krieg hofft die syrische Regierung auf eine politische Lösung. Doch der Optimismus hält sich in Grenzen.

Feisal Mekdad ist ein viel beschäftigter Mann. Der stellvertretende syrische Außenminister ist - neben vielen anderen Dingen - zuständig für die Koordination mit internationalen Hilfsorganisationen, die nach vier Jahren Krieg in dem Land alle Hände voll zu tun haben. Im Unterschied zu dem hektischen Alltag von Syriens zweitem Mann in Sachen Außenpolitik herrscht im Vorzimmer Stille. Die mit Schnitzereien verzierten Sitzgarnituren sind mit Damaszener Seidenbrokat überzogen, an der Wand hängt ein Bild von Präsident Baschar al-Assad. Der Raum vermittelt syrische Tradition, Geschichte und zurückhaltende Vornehmheit.

»Guten Tag«, begrüßt Feisal Mekdad auf Deutsch die Autorin an der Tür zu seinem weitläufigen Arbeitszimmer, das eine Delegation gerade erst verlassen hat. Die Zeit ist knapp, zügig und direkt beantwortet Mekdad die Fragen.

Bei der jüngsten Gesprächsrunde in Moskau habe es einen »Durchbruch« gegeben, sagt er. Der russische Moderator, Vitaly Naumkin, habe eine Tagesordnung vorgelegt, auf die alle Beteiligten sich geeinigt hätten. Fünf Punkte sollten diskutiert werden: die Lage in Syrien, Kampf gegen den Terror, vertrauensbildende Maßnahmen, die nächsten Gespräche in Genf und die nationale Versöhnung. Leider sei die Zeit knapp gewesen, immerhin habe man einen »Konsens über den ersten Punkt« herstellen könne und das sei schriftlich festgehalten worden. Er hoffe, die Gespräche würden fortgesetzt, dann könnten auch die anderen Punkte diskutiert werden. Alle aktuellen Gesprächsversuche - in Moskau und der Vorschlag des UN-Sondervermittlers für Syrien, Staffan de Mistura, über das »Einfrieren des Konflikts in Aleppo« - hätten das Ziel, eine dritte Gesprächsrunde in Genf zu erreichen. Genf III allerdings »darf nicht scheitern, sondern wir müssen etwas erreichen«, so Mekdad. »Genf III muss den Konflikt in Syrien beilegen.«

Befragt zum offiziellen Empfang des Vorsitzenden Khaled Khoja und einer Delegation der »Nationalen Koalition der oppositionellen und revolutionären Kräfte in Syrien« (mit Sitz in Istanbul) und des von dieser Koalition gebildeten »Exilregierung« im Auswärtigen Amt in Berlin (Ende März), sagte Mekdad, wer solche Delegationen empfange, mache einen Fehler. Alternativen zu einer legitimen Regierung zu suchen, sei »die Rezeptur für mehr Zerstörung, Tod und Blutvergießen in Syrien«. Die »Freunde in Deutschland« sollten wissen, dass »diese Leute weder demokratisch (legitimiert) sind, noch haben sie Einfluss in Syrien«. Syrien appelliere an die deutsche Regierung und »an die deutsche Bevölkerung, die dem syrischen Volk gegenüber Freundschaft empfindet«, sich an solchen »Spielen« nicht zu beteiligen.

Sollte es zur Unterzeichnung der Iran-Vereinbarung kommen, werde das »mit Sicherheit eine große Auswirkung auf die Lage in Syrien haben«, so Mekdad weiter. »Wenn es weniger Spannungen in der Region gibt, wird uns das nützen.« Die syrisch-iranischen Beziehungen seien »Teil des Streits zwischen anderen Staaten mit Syrien und Iran«. Bei einer Vereinbarung werde »die Rolle Irans in der Region klarer«, was »gut« sei für Syrien und die Region.

Zur Lage in dem palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk im Süden von Damaskus bekräftigte Mekdad die uneingeschränkte Kooperation der syrischen Regierung mit den internationalen Hilfsorganisationen und der UNO. Rund 18 000 Zivilisten waren bis zum Einmarsch des »Islamischen Staates« in dem Lager verblieben, in dem einst mehr als eine Million Menschen gelebt hatten. »Nach unserer Einschätzung sind dort noch etwa 5000 Syrer und die anderen sind Palästinenser«, so Mekdad. »Wer von den Zivilisten gehen will, ist frei zu gehen, wir werden ihnen sicheres Geleit geben.« Mehr als 9000 Personen hätten davon bis zum Vortag Gebrauch gemacht und seien in Nachbarviertel geflohen.

Den Hilfsorganisationen sei »die Freiheit gegeben (worden), diesen Flüchtlingen jede Art von humanitären Hilfsgütern zu bringen«, jetzt warte man darauf, dass auch die anderen Zivilisten das Lager noch verließen. »Ich habe gehört, dass einige nicht herauskommen wollen«, so Mekdad weiter. Wenn es möglich sei, sollten Hilfsgüter zu diesen Menschen hinein gebracht werden, »oder sie werden an bestimmten Punkten an sie verteilt«.

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