Workshops zum Thema Islamismus

Experten fordern mehr Prävention gegen Radikalisierung junger Muslime

  • Lesedauer: 2 Min.
Aus Syrien rufen Propagandavideos der Salafisten zum Kampf gegen den Westen auf. Gerade junge Muslime aus schwierigen Verhältnissen seien dafür anfällig, wissen Experten aus Kontaktnetzwerken.

Berlin sollte nach Experteneinschätzung viel früher und aktiver gegen mögliche Radikalisierungen junger Muslime vorgehen. Besonders an den Schulen müsse mehr für die Prävention getan werden, sagten am Mittwoch Vertreter von Netzwerken und Vereinen, die sich mit Jugendlichen befassen, die Kontakte zu Islamisten haben. Die Experten nahmen an einer Anhörung im Parlamentsausschuss für Verfassungsschutz teil. Dringend nötig sei auch eine zentrale Anlaufstelle für Gefährdete, deren Umfeld sowie Schulen und Jugendzentren. Innensenator Frank Henkel (CDU) forderte die Schulen auf, ihre Lerninhalte dringend an die neuen Herausforderungen anzupassen. Islamismus und Salafismus müssten auch im Unterricht thematisiert werden, sagt er. Alle Vertreter der Netzwerke betonten, wie wichtig es sei, den Kontakt zu Jugendlichen, die sich radikalisierten, zu halten. Nur mit Gesprächen und persönlicher Ansprache lasse sich so eine Entwicklung aufhalten.

Gerade an Schulen müsse präventiv gearbeitet werden, sagte Jochen Müller vom Verein Ufuq (arabisch: Horizont). Die Jugendlichen suchten mit ihrem Bekenntnis zum starken Islam eigentlich eine soziale Identität und weniger einen tatsächlichen Glauben. Müller sagte: »Sie wollen hier anerkannt werden und das sagen sie nicht immer nur nett, sondern manchmal auch radikal und aggressiv.« Wenn die Jugendlichen Fragen stellen, die Eltern, Schulen und Imame nicht beantworten könnten, dann würden sie ihre Antworten im Internet und auf Salafisten-Seiten suchen und finden. »Auch die Moscheen könnten eine viel größere Rolle spielen bei der Prävention.«

Thomas Mücke vom Verein VPN (englisch: Violence Prevention Network) betonte: »Wir brauchen beides: Präventions- und De-Radikalisierungsprogramme.« Beim ersten arbeite man mit ganzen Gruppen von Schülern, das zweite richte sich speziell an Einzelne, etwa Rückkehrer aus Syrien. »Was fehlt, sind Präventions-Workshops an Schulen, die zeigen, was in Syrien und beim IS wirklich passiert.«

Claudia Dantschke vom Verein Hayat (arabisch: leben) sagte, es gebe in Berlin zehn Moscheegemeinden, in denen Jugendliche mit extremistischem Gedankengut in Berührung kämen. In drei bis vier Moscheen beständen konkrete Kontakte zu Dschihadisten. »Die Al-Nur Moschee ist da noch die harmloseste.« Für die De-Radikalisierung bereits abgerutschter junger Männer müsse es Gesprächsangebote außerhalb von Polizei und Verfassungsschutz geben. Eine zentrale Anlaufstelle in Berlin sollte daher bei der Bildungsverwaltung und nicht beim Innensenator angesiedelt sein.

Der Verein VPN arbeitet seit Anfang April im Auftrag von Henkel an einem zusätzlichen Sonderprogramm zur De-Radikalisierung. dpa/nd

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