Wirtschaftsspionage verursacht 51 Milliarden Euro Verlust

Jede zweite deutsche Firma ist in den vergangenen zwei Jahren digital durch Spionage, Sabotage und Datendiebstahl angegriffen worden

  • Istvan Deak
  • Lesedauer: 3 Min.
Nur jedes fünfte betroffene Unternehmen schaltet bei Digitalspionage staatliche Stellen ein. Täter sind am häufigsten eigene Mitarbeiter.

Rund die Hälfte (51 Prozent) aller Unternehmen in Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahren Opfer von digitaler Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl geworden. Das hat eine Studie des Digitalverbands Bitkom ergeben. Der am stärksten gefährdete Wirtschaftszweig ist die Automobilindustrie - dort sind 68 Prozent der Unternehmen betroffen. Es folgen die Chemie- und Pharmabranche mit 66 Prozent sowie Banken und Versicherungen mit 60 Prozent. «Digitale Angriffe sind eine reale Gefahr für Unternehmen», sagte Verbandspräsident Dieter Kempf am Donnerstag in Berlin. Viele Unternehmen schützten materielle und immaterielle Werte nicht ausreichend. Gerade der Mittelstand muss bei der Sicherheit nachlegen: Laut Umfrage sind mittelständische Unternehmen mit 61 Prozent am stärksten von Spionage- oder Sabotageakten betroffen.

Das am häufigsten auftretende Delikt ist der Diebstahl von IT- und Kommunikationsgeräten. Fast ein Fünftel der Firmen (19 Prozent) registrierte Fälle von Social Engineering. Bei dieser Methode geht es darum, Mitarbeiter zu manipulieren, um an bestimmte Informationen zu gelangen. Den Schaden berechnet Bitkom mit rund 51 Milliarden Euro pro Jahr. Fast ein Viertel dieser Summe machen Umsatzeinbußen durch Plagiate aus. Es folgen Patentrechtsverletzungen, die ähnliche Folgen wie Plagiate haben. An dritter Stelle liegen Umsatzverluste durch wegfallende Wettbewerbsvorteile. Ein weiterer großer Posten sind Kosten infolge des Diebstahls von Geräten sowie Ausgaben, die durch den Ausfall von IT-Systemen oder die Störung von Betriebsabläufen entstehen.

«Ein weicher Faktor mit großem Gewicht sind Imageschäden, die nach Sicherheitsvorfällen eintreten. »Gelten ein Unternehmen oder seine Produkte bei Kunden und Geschäftspartnern als unsicher, ist das kaum aus der Welt zu schaffen. Ein solcher Reputationsverlust kann ein Unternehmen in seiner Existenz gefährden.«

Nach den Ergebnissen der Umfrage treten vor allem aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter als Täter in Erscheinung. Gut die Hälfte der betroffenen Unternehmen gibt diesen Personenkreis an. »Die eigenen Mitarbeiter sind für Unternehmen die wichtigste Ressource, aber auch das größte Risiko«, sagte Kempf. Die zweite große Tätergruppe mit 39 Prozent umfasst das unternehmerische Umfeld, bestehend aus Wettbewerbern, Lieferanten, Dienstleistern und Kunden. Diese Gruppe ist häufig eng mit den Unternehmen verbunden und verfügt über Insiderkenntnisse, die kriminelle Handlungen erleichtern. 17 Prozent nennen Hobby-Hacker als Täter. Elf Prozent wurden Opfer organisierter Bandenkriminalität und drei Prozent standen im Visier ausländischer Geheimdienste. Ob die Mitarbeiter von organisierter Kriminalität oder von Geheimdiensten instrumentiert wurden, ist weiter unklar. Auch zur Einwirkung nationaler Geheimdienste mag sich Kempf nicht äußern.

Als Reaktion auf Spionage und Hackerangriffe führten 53 Prozent der betroffenen Firmen eine interne Untersuchung durch. Fast ein Drittel zog externe Spezialisten hinzu. Dagegen hat nur jedes fünfte betroffene Unternehmen staatliche Stellen eingeschaltet. 35 Prozent derjenigen, die keine staatlichen Stellen informiert haben, nennen als Grund »Angst vor negativen Konsequenzen«. Solche könnten etwa die Sicherung von Beweismitteln wie Computern sein. »Im Extremfall ist das Unternehmen während der Ermittlungen nicht mehr arbeitsfähig«, sagte Kempf. Die geringe Meldequote spreche eine deutliche Sprache.

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