Finstere Münchner Mienen

Der FC Bayern verzichtet nach dem 1:3 beim FC Porto sogar auf seine üblichen Kampfansagen

  • Thomas Niklaus
  • Lesedauer: 3 Min.

Bayern München erlebte beim 1:3 in Porto einen rabenschwarzen Champions-League-Abend. Auf große Kampfansagen verzichten die entsetzten Stars vor dem Viertelfinalrückspiel am Dienstag.

Von Thomas Niklaus, Porto

Die Fassungslosigkeit über den Albtraum in der Champions League war den Stars von Bayern München auch beim obligatorischen Bankett noch deutlich anzusehen. Selbst die tröstenden Worte von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei seiner kurzen Rede konnten die finsteren Mienen kurz vor Mitternacht nicht aufhellen. Schon nach wenigen Minuten flüchteten viele der geschockten Profis vom Saal Apollo im noblen Sheraton-Hotel auf ihre Zimmer.

An einen ruhigen Schlaf war nach einer desolaten Darbietung im Estádio do Dragão allerdings nicht zu denken. Besonders Xabi Alonso und Dante sowie Jerome Boateng dürften ihre dilettantischen Fehler beim ernüchternden und verdienten 1:3 (1:2) im Viertelfinalhinspiel der Königsklasse beim FC Porto noch im Traum verfolgt haben. Vom berühmten »Mia san Mia« war rund sieben Wochen vor dem avisierten Finale in Berlin nach einer historischen Niederlage deshalb auch beim Heimflug am Donnerstagmittag nichts zu spüren. Die Bayern befanden sich in einer Schockstarre - und verzichteten entgegen sonstiger Gepflogenheiten vor dem Rückspiel am Dienstag sogar auf die üblichen, großspurigen Kampfansagen.

»Es wäre kein Fußballwunder, wenn wir 2:0 gewinnen sollten. Aber es steckt noch viel Arbeit drin. Durch das Auswärtstor lebt die Hoffnung natürlich noch«, sagte Thomas Müller, klang aber wenig überzeugend. Sportvorstand Matthias Sammer tat sich schwer, eine positive Botschaft auszusenden. Man dürfe jetzt »nicht die Nerven verlieren. Wir müssen in der Lage sein, zu Hause 2:0, 3:1 oder nach Verlängerung 5:2 zu gewinnen«, meinte er leise.

Es war die Art und Weise der Niederlage, an der die Bayern heftig zu knabbern hatten. Der bärenstarke FC Porto, angeführt von den Torschützen Ricardo Quaresma (3. Minute, Foulelfmeter, 10.) und Jackson Martínez (65.), erwies sich den Münchnern auf ihrem Weg zum zweiten Triple nach 2013 als fast in allen Belangen überlegen - wie Real Madrid vor einem Jahr im Halbfinale.

Allerdings wurde der 27-malige portugiesische Meister von den Bayern geradezu eingeladen. Erst stolperte der überforderte Alonso über seine eigenen Beine. Manuel Neuer konnte Martínez nur durch ein Foul bremsen und hatte Glück, nicht Rot zu bekommen. Dann zeigte Dante eindrucksvoll, warum es viele Stimmen gibt, die dem Brasilianer keine Zukunft in München mehr geben. Stümperhaft verlor er den Ball an Quaresma, der so ohne Mühe zu seinem zweiten Treffer kam. Als dann auch noch der ansonsten stabile Boateng vor dem 1:3 einen weiten Ball unterlief, war das Unglück perfekt.

Doch nicht nur die groben Schnitzer waren besorgniserregend. Auch im Mittelfeld, wo laut Müller »eine Schlacht« tobte, und im Spiel nach vorne ging wenig bis nichts zusammen. Ausnahme war das zwischenzeitliche 1:2 durch Thiago nach Hereingabe von Boateng (28.). Ansonsten wurde Trainer Pep Guardiola mehr als deutlich vor Augen geführt, dass ein Arjen Robben und ein Franck Ribéry eben nicht zu ersetzen sind. Auch Bastian Schweinsteiger hätte dem Rekordmeister angesichts der anhaltenden Krise von Alonso gut getan.

Was vor dem Rückspiel blieb, waren die üblichen Durchhalteparolen. Ein zweites Porto-Trauma nach dem bitteren 1:2 im Landesmeisterfinale 1987 will jedenfalls keiner erleben. »Jetzt müssen wir daran arbeiten, dass wir am Ende wieder Sieger sind«, betonte Sammer. Rummenigge war deshalb beim Bankett bemüht, Aufbauarbeit zu leisten: »Ich bin nicht bereit, die Mannschaft zu kritisieren. Wir haben noch 13, 14 gesunde Spieler, die seit Wochen dreimal die Woche spielen. Ich habe großes Vertrauen zu dieser großartigen Mannschaft und diesem großartigen Trainer.« Doch Guardiola blickte gequält zur Seite. SID/nd

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