Die Stunde des Patrioten

Präsident Putin: Russland muss das Beste aus den Sanktionen machen

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Bereits die 13. Bürgersprechstunde von Wladimir Putin lief am Donnerstag ab. Live per TV stellte sich der Kremlchef den Fragen.

Über drei Millionen Fragen nahm das Callcenter entgegen, auf eine Auswahl davon antwortete der russische Präsident in knapp vier Stunden. Geplant waren drei Stunden.

Ein baldiges Ende der Sanktionen, sagte Wladimir Putin bei seinem einleitenden, etwa halbstündigen Monolog, werde es nicht geben. Russland müsse das Embargo daher nicht »ertragen«, sondern das Beste daraus machen. Die Talsohle der Krise sei bereits durchschritten. die Rezession werde sogar etwas früher enden. Bisher gingen Kreml und Regierung von Ende 2016 aus. Die meisten Fragen drehten sich ebenfalls um die Krise und deren Folgen: Um die Sicherheit von Gehältern oder Renten und um andere soziale Probleme. Breiten Raum nahmen auch Hürden und Hemmnisse für Landwirtschaft und Mittelstand ein, das Verhältnis zum Westen und die Entwicklungen in der Ukraine. Zwar hatte Putins Pressesprecher im Vorfeld erklärt, viele Fragesteller, darunter auch aus der Ostukraine und aus Flüchtlingslagern in Südrussland, fordern, die Separatistenregionen als unabhängig anzuerkennen. Öffentlich - es gab sogar eine Schaltung in ein Lager im Gebiet Rostow am Don, wo 30 000 Menschen Zuflucht fanden - wurden diese Forderungen indes nicht laut. Wohl aber verlangten mehrere Fragesteller von Putin, nationale Interessen mit noch mehr Härte durchzusetzen.

Auf die meist sehr konkreten Fragen antwortete der Präsident oft mit Allgemeinplätzen und einem Zahlenfeuerwerk. Der Satz »Vielleicht haben wir noch nicht genug getan, aber wir sind auf dem richtigen Weg« fiel mehrmals. Und auf Kritik, selbst auf geringfügige, reagierte er ungewohnt dünnhäutig. Oder ausweichend wie bei Irina Hakkamada, einer engen Vertrauten des im März ermordeten Oppositionsführers Boris Nemzow, die für Regimekritiker Chancengleichheit für die Teilnahme am politischen Leben forderte. Nur bei Rückkehr ins Parlament könne man von Kritik zu konstruktiven Initiativen übergehen.

Über die Sitzverteilung in der Duma, so Putin, entscheiden Wahlen. Der Mord an Nemzow sei eine »absolute Schande«. Doch die Behörden hätten gut miteinander kooperiert, die Ermittler die Schuldigen daher innerhalb weniger Stunden gefunden. Vermutungen, wie sie auch Hakkamada wiederholte, wonach Nemzow umgebracht wurde, weil er zum Einsatz der russischen Armee in der Ukraine recherchiert hatte, wies er ein weiteres Mal als gegenstandslos zurück. Sogar der Generalstabschef in Kiew habe gesagt, die Ukraine kämpfe nicht gegen russische Truppen. Von der Ukraine erwarte er die Erfüllung der Minsker Vereinbarungen und Achtung der Interessen all jener Bürger, die sich als Russen fühlen, egal, was in ihrem Pass steht. Er hoffe, dass sich auch in Kiew die Erkenntnis durchsetzt, dass es außer einer politischen keine andere Lösung gibt. Zum Krieg werde es nicht kommen.

Auf die Frage nach Feinden Russlands sagte Putin, Russland habe keine und müsse angesichts der Konsolidierung der Gesellschaft auch vor Bedrohungen keine Angst haben. Ausdrücklich verteidigte er den vom Westen kritisierten Vertrag zur Lieferung moderner Luftabwehrsysteme an Iran. Diese fielen nicht unter die internationalen Sanktionen. Zudem würden die USA weit mehr Waffen in den Nahen Osten liefern als Russland. Die USA versuchten, der Welt ihr Modell aufzuzwingen, würden damit aber genauso scheitern wie die Sowjetunion in Osteuropa.

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