Im Kabinett der Schwermütigen

Über die Leidenschaft am Unglücklichsein in der Gegenwartsliteratur. Von Björn Hayer

In seinem Essayband »Unglücklich sein« (2012) sagt der Wilhelm Schmid eine »kommende Epoche der Melancholie« voraus. Die Überforderungsgesellschaft scheint offenbar am Abgrund angelangt zu sein. Wo »Burnout« als stetiges Schreckensgespinst grassiert und der Staat im postnationalistischen Zeitalter mehr und mehr seine Visionen aufgibt, ist die Schwermut zur Signatur der Gegenwart geworden. Der 1953 in Billenhausen geborene Philosoph, dessen Streitschrift sich vor allem gegen die »drohende Diktatur des Glücks« der freudenbeschwipsten Ratgeberliteratur der letzten Jahre wendet, sieht in dieser Atmosphäre des Traurigseins allerdings keineswegs nur Ohnmacht und Aporie.

Im Gegenteil: Wie schon die Romantiker wussten, liegen in dem verstimmten Typus Verzweiflung und Genie nah beieinander. Und auch die Gegenwartsliteratur entdeckt mitunter die produktive Qualität des in sich gekehrten Dauergrüblers. Selbstbewusst geht sie dem dunklen ...


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