Zwist um Hausarztvertrag bringt AOK Bayern unter Druck

Der Marktführer unter den gesetzlichen Krankenkassen ist derzeit in mehrere Gerichtsverfahren verwickelt

  • Lesedauer: 2 Min.
Bayerns größte Kasse verstrickt sich immer heftiger in Kämpfe mit Ärzteverbänden. Auch das Gesundheitsministerium wirft der AOK vor, sie halte sich nicht ans Gesetz.

München. Aufregung um AOK Bayern: Der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) wirft der Kasse vor, sie verstoße gegen Gesetze. Auch mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung liegt die mit 4,4 Millionen Versicherten mit Abstand größte Kasse Bayerns im Zwist. Bayerns Gesundheitsministerium beobachtet die Lage mit zunehmender Verärgerung. Auslöser für die Zuspitzung mit dem Hausärzteverband ist ein Schiedsspruch, den ein unabhängiger Fachmann zum sogenannten Hausarztvertrag gefällt hat. Die AOK hält dieses Schiedsurteil für »nicht umsetzbar und daher unwirksam«. Sie hat vor dem Münchner Sozialgericht Klage eingereicht.

Eigentlich sollte der Vertrag seit 1. April umgesetzt werden. Aus Sicht des Hausärzteverbandes und auch des Ministeriums muss sich die AOK trotz ihrer Klage zunächst an den Schiedsspruch halten. Der BHÄV-Vorsitzende Dieter Geis spricht von einem Skandal. Die Kasse beharrt bislang aber auf ihrer Weigerung. Die Bundesregierung schreibt den gesetzlichen Kassen vor, dass sie Hausarztverträge anbieten müssen. Sie sollen den Ärzten bessere Bezahlung bringen und Patienten eine bessere Behandlung.

Doch der AOK Bayern und dem Hausärzteverband gelingt es schon seit Jahren nicht, sich friedlich auf einen solchen Vertrag zu einigen. Der AOK-Vorstandschef Helmut Platzer kritisiert, seine Kasse solle vor allem deutlich mehr zahlen, »ohne dass dem eine entsprechend bessere Versorgung gegenübersteht«. Entsprechend sieht man bei der AOK auch kein Problem für die Versicherten darin, wenn ihre Behandlung nicht nach dem neuen Hausarztvertrag abgerechnet wird, sondern nach den allgemeinen Regeln für Kassenpatienten.

Auch mit den Zahnärzten liegt die AOK im Dauerclinch. Der Marktführer unter den gesetzlichen Kassen werde »immer mehr zu einer Problemkasse«, heißt es bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB). Bei der AOK Bayern »hat das Prozessieren Methode«, wettert der KZVB-Vorstandschef Janusz Rat. Gegen einen Schiedsspruch zur Bezahlung der Zahnärzte ist die AOK bis vors Landessozialgericht gezogen. Es gab der Kasse Recht. Mit dem Hausärzteverband ist die AOK derzeit in fünf Gerichtsverfahren verstrickt.

Die AOK-Spitze argumentiert mit Kosten für die Beitragszahler, wenn sie ihre Ausgaben nicht im Zaum halte. Der Schiedsspruch könnte nach Berechnungen der Kasse jedes Jahr mehrere hundert Millionen Euro Zusatzkosten bringen. Sie will vermeiden, dass sie ihren Beitragssatz von 15,5 Prozent in absehbarer Zeit anheben muss. Andere AOK, so in Sachsen und Thüringen, verlangen mit 14,9 Prozent deutlich weniger. dpa/nd

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