Thüringer Ämter sind moderner als viele Firmen

Erst jeder siebte Betrieb sucht Nachwuchs über soziale Netzwerke - die Polizei ist da schon viel weiter

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Thüringer Unternehmen sind noch zögerlich. Behörden wie die Polizei setzen für die Nachwuchswerbung dagegen zunehmend auf soziale Netzwerke.

Erfurt. Soziale Netzwerke spielen für Thüringer Unternehmen bei der Suche nach Auszubildenden nur eine Nebenrolle. Behörden wie die Polizei sehen dagegen in Facebook, Twitter oder Youtube gute Chancen, junge Menschen zu erreichen. Das ergab eine dpa-Umfrage

Nach Schätzungen der Industrie- und Handelskammern in Thüringen nutzt zwar fast jede Firma mittlerweile das Internet, um eigene Homepages und Stellenanzeigen zu veröffentlichen. Den Schritt in die sozialen Netzwerke machten aber bisher nur wenige, auch wegen mangelnder Kapazitäten, hieß es.

Schätzungen zufolge dürfte es inzwischen aber immerhin jeder siebte Ausbildungsbetrieb sein, vor fünf Jahren war es nur etwa jeder zwanzigste. Für die meisten Betriebe sei der persönliche Kontakt zu Bewerbern nach wie vor unverzichtbar, so die Kammern. Hoch im Kurs stehen demnach Ausbildungsmessen, Stellenanzeigen auf der eigenen Firmenhomepage und herkömmliche Printanzeigen.

In Regionen wie Südthüringen etwa hat ein Großteil der Firmen nur zwischen einem und fünf Mitarbeitern. Wie Ellen Mangold von der regionalen Handwerkskammer sagt, bleibt neben der täglichen Arbeit oft nur wenig Zeit für die Bewerbersuche im Internet. »Gerade in Zeiten mit gutem Konsumklima sind die meisten Betriebe natürlich voll mit Aufträgen beschäftigt.«

Die Online-Strategie wird ihren Angaben zufolge deshalb vor allem über den Bundesverband gesteuert, der sich auch um Youtube- und Facebook-Auftritte kümmere. Viele Unternehmen setzten lieber auf handfeste Argumente, um Auszubildende zu gewinnen - etwa durch einen Zuschuss zum Mofaführerschein oder andere Vergünstigungen.

Immer mehr Firmen ergreifen jedoch die Chancen der sozialen Medien für die erste Kontaktaufnahme mit potenziellen Bewerbern. Traditionelle Anwerbungswege würden durch moderne und innovative Formen stetig ergänzt, aber nicht ersetzt, heißt es etwa bei der IHK Erfurt. Printanzeigen dienen demnach vor allem dazu, Eltern, Großeltern oder Lehrer anzusprechen. Speziell durch Anzeigen in den kostenlosen Werbeblättern könnten auch bildungsferne Familien erreicht werden, hieß es. Werbung im Internet und über Social Media ziele hingegen direkt auf die Jugendlichen. In Zeiten rückläufiger Bewerberzahlen sei es wichtig, die Hürden für eine Kontaktaufnahme mit den Unternehmen möglichst gering zu halten, dazu könnten die sozialen Netzwerke einen Beitrag leisten.

Thüringer Behörden wie die Polizei sind schon weiter. Auf Facebook und Google Plus würden seit 2014 mehrmals im Jahr Werbekampagnen für den Polizistenberuf geschaltet, sagte eine Sprecherin des Bildungszentrums der Thüringer Polizei. Klassische Medien wie Flyer und Broschüren stießen aber gerade beim jungen Publikum immer noch auf ein sehr großes Interesse, die Nachfrage steige. Einig sind sich alle Befragten darin, dass derzeit kein Medium den persönlichen Kontakt zwischen Bewerber und Unternehmen schlagen kann. »Wichtig ist die direkte, persönliche Ansprache aller am Berufsorientierungsprozess beteiligten Personen, das heißt Schüler, Eltern und Lehrer«, sagt Evelin Barth von der IHK Ostthüringen.

Wie die Ausbildungsumfrage 2014 der Kammern zeigt, sind Ausbildungsmessen oder Vermittlungsangebote der IHK nach wie vor die effektivste und beliebteste Form der Rekrutierung von Unternehmensnachwuchs. Über die Hälfte der Firmen setzt zudem auf persönliche Kontakte von Mitarbeitern zu möglichen Bewerbern. dpa/nd

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