Die digitalen Friedhöfe

Interesse an Grabsteinen mit einem Link ins Internet ist in Sachsen-Anhalt verhalten

  • Ann-Christin Schneider, Aschersleben
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Trauerkultur verschiebt sich zunehmend ins Internet. Mit QR-Codes können die Erinnerungen an Verstorbene festgehalten werden.

7000 historische Grabsteine stehen auf dem Zentralfriedhof in Aschersleben (Salzlandkreis). 7000 Leben, die auf einem der ältesten und größten Friedhöfe in Sachsen-Anhalt weitgehend anonym ihre letzte Ruhe gefunden haben. Doch vor 21 Grabsteinen des Friedhofes kann man mit Smartphone mehr erfahren als Namen und Lebensdaten des Verstorbenen. QR-Codes, weiß-schwarze Pixelcodes auf kleinen Tafeln, können mit dem Smartphone eingescannt werden. Das ist der Weg zu mehr Informationen über die Toten. In Aschersleben sind bislang nur Grabsteine historischer Persönlichkeiten mit diesen Scan-Codes ausgestattet. Das Leben der Fabrikantenfamilie Bestehorn, Architekt Hans Heckner oder Arbeitssportler Herrmann Gieseler sollen Stadtgeschichte erlebbar machen. An dem »Erinnerungspfad« sind die Friedhofsverwaltung, die Geschichtswerkstatt und die Werbeagentur »Layoutzone« beteiligt.

»Schulen machen Projekte zur Stadtgeschichte auf dem Zentralfriedhof. Auch interessierte Bürger sind begeistert«, so der Leiter des Bauwirtschaftshofes Aschersleben, André Könnecke. Auch die Betreiber der Werbeagentur, die für die technischen Abläufe zuständig ist, bestätigen den Erfolg des vergangenen Jahres. »Durchschnittlich 5000 Aufrufe können wir pro Monat aufweisen«, sagt Uwe Hennig.

Die Friedhöfe »Stadtgottesacker« in Halle und der »Neue Begräbnisplatz« in Dessau sind durch ein ähnliches, bundesweites Projekt auch mit QR-Codes versehen. »Wo sie ruhen« vernetzt 37 national bedeutsame historische Friedhöfe in Deutschland mit rund 1000 kulturhistorisch bedeutenden Grabmalen in einer App. Auf das Informationsangebot kann man via QR-Code zugreifen. »Es gibt einen Schaukasten mit einem QR-Code, der einen dann an die jeweiligen Grabstellen leitet«, sagt Halles Stadtsprecher Drago Bock. Die Grabstellen von Georg Händel, Vater des berühmten Komponisten Georg Friedrich Händel, in Halle oder von Friedrich von Anhalt in Dessau können so gefunden werden.

Nicht für alle Kommunen kommen solche Projekte in Betracht. Die Hansestadt Stendal und die Lutherstadt Wittenberg lehnen es aber nicht ab, wenn Privatpersonen QR-Codes auf Grabsteinen anbringen möchten. Anfragen habe es aber bislang nicht gegeben.

Das Interesse von Privatpersonen an solchen verlinkten Grabsteinen ist nach Aussagen des Vorsitzenden des Landesverbandes der Friedhofsverwalter, Frank Lehmann, verhalten. »Es ist ja auch immer noch eine Kostenfrage«, gibt der Verbandsvorsitzende zu bedenken. Bei »Layoutzone« in Aschersleben koste das Angebot etwa 110 Euro im Jahr. »Mediale Kerzen können gerne angezündet werden, doch der Trauerort sollte der Friedhof bleiben«, sagt Lehmann. Letztlich müsse jeder Angehörige selbst entscheiden, inwieweit er öffentlich werden wolle. dpa/nd

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