Schweinejobs auf den Schattenplätzen

Bloß nicht nach unten abrutschen: Hertha BSC und 1. FC Köln trennen sich 0:0

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Remis von Hertha BSC gegen Aufsteiger Köln ist für beiden Mannschaften der Verbleib in der ersten Liga in greifbarer Nähe.

Das untere Mittelfeld der Bundesliga ist zum Ende einer jeden Saison eine ganz spezielle Herausforderung für die Trainer: Während oben die dicken Fische zumindest noch um die Europapokalplätze kämpfen, geht es hier nur noch darum, nicht ganz weit runter abzurutschen - wo dann im Tabellenschlick der Liga um jeden Punkt für den Klassenerhalt gekrebst wird. Ganz oben und ganz unten dagegen garantiert Aufmerksamkeit.

Hertha BSC und der 1. FC Köln traten am Samstag im Berliner Olympiastadion als Tabellennachbarn auf den Schattenplätzen zwölf und elf gegeneinander an. Erst einmal nicht verlieren, gaben beide Trainer vor dem Spiel aus, das weder durch Abstiegskampf noch spielerischen Glanz nach Aufmerksamkeit heischte. Tabellennachbarn blieben sie auch nach dem 0:0 vor knapp über 50 000 Zuschauern, nach dem Mainzer Sieg in Freiburg um jeweils einen Tabellenplatz abgerutscht.

»Wir sind mit dem Punktezuwachs nicht unzufrieden. Für uns war wichtig, hier ungeschlagen nach Hause zu kommen und das haben wir geschafft«, fasste Kölns Trainer Peter Stöger nach Abpfiff die Gemütslage seiner Mannschaft zusammen, die während des Spiels auch keine sonderlichen Ausschläge zu verkraften hatte. Beide Teams setzten vor allem auf die Defensive, zogen sich bei Ballbesitz des Gegners sofort geschlossen zurück. Diese Taktik ist vor allem bei Hertha BSC seit Anfang Februar unter den beiden neuen Trainern Pál Dárdai und Reiner Widmayer erfolgreich eingespielt: Hertha ist seit mittlerweile sieben Spielen ungeschlagen, nach der katastrophalen Hinrunde ist der Hauptstadtklub ein Muster an defensiver Stabilität.

Seit Amtsantritt der beiden haben die Berliner erst sieben Gegentore gefangen, in der gesamten Rückrunde erst zehn - nur Borussia Mönchengladbach (6) und Bayern München (9) kassierten weniger. Das ist vor allem dem defensiven Mittelfeld mit Per Skjelbred und Kapitän Fabian Lustenberger zu verdanken, die auch gegen Köln ständig Räume zuliefen und die Gegner stellen: »Was die beiden abliefern - das ist Arbeit pur, ein Schweinejob. Sie machen das überragend. Aber es sieht außer dem Trainer keiner«, hatte Dárdai vor dem Spiel noch gelobt, dieses Urteil musste er auch nach dem Spiel nicht revidieren. »Ein bisschen tut das Unentschieden schon weh«, hatte seine Mannschaft doch mehr Torschüsse und Chancen zu verzeichnen.

Vor allem nach der Halbzeitpause erhöhte sein Team den Druck, kam durch die Stürmer Salomon Kalou und Valentin Stocker auch zu Kopfballchancen, die aussichtsreichste Möglichkeit vergab Genki Haraguchi, der frei stehend am kurzen Pfosten vorbeizielte (59.). Kurz vor Schluss nagelte der FC die Berliner noch einmal am eigenen Strafraum fest, aber auch vier Ecken in Folge konnten die Rheinländer nicht verwerten. So blieb es beim torlosen Unentschieden, das achte bereits in dieser Saison für den 1. FC Köln, die damit einen neuen Bundesligarekord aufstellten - nicht unbedingt einen ansehnlichen.

»Für Fußballmenschen wars ein gutes Spiel, für die Zuschauer vielleicht nicht so«, konstatierte Dárdai recht gut gelaunt nach dem Spiel. »Man hat wahrscheinlich schon bessere Spiele gesehen«, so das trockene Fazit von FC-Trainer Stöger.

Auch für Herthas Kapitän Fabian Lustenberger war alles okay: » In unserer Situation hilft uns jeder Punkt - die reichen noch nicht bei den drei nächsten sehr, sehr schweren Spielen.« Die Gefahr, von den Schattenplätzen der Liga noch in den Abstiegskampf zu geraten, ist schließlich noch nicht ganz gebannt. An den nächsten drei Spieltagen müssen die Berliner in München, gegen Gladbach und in Dortmund antreten. Punktet Hertha in München, wäre ihnen viel Aufmerksamkeit gewiss - trotz des Liga-Schattenplatzes.

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