nd-aktuell.de / 23.04.2015 / Politik / Seite 20

Vegetariertage an Sydneys Oper

»Meat is Murder«: Sänger Morrissey hat sich für seinen Auftritt eine fleischfreie Zone am Opernhaus ausbedungen

Barbara Barkhausen
Der britische Sänger Morrissey soll beim Lichterfestival in Sydney auftreten. Dafür hat der frühere Frontmann von The Smiths Bedingungen gestellt: Kein Restaurant im Opernbereich darf Fleisch servieren.

Sydney. Morrissey befiehlt, die Oper gehorcht. Vier Tage lang wird das gesamte Haus in Sydney Ende Mai vegetarisch. Kein Hot Dog, kein Burger, kein Steak wird auf dem Teller landen. Auch hinter der Bühne oder im Publikum darf keiner seine selbst mitgebrachte Wurstsemmel auspacken. So will es der eingefleischte Vegetarier Morrissey. Und die Oper, die durchaus für ihre mutigen und teils kontroversen Entscheidungen bekannt ist, ließ sich auf die Konditionen ein.

Morrissey tritt in Sydney anlässlich des Vivid Festivals auf - ein Lichterfest, das als einer der Höhepunkte der australischen Wintermonate gilt. Dabei wird auch die Oper von außen kunstvoll beleuchtet. Morrissey wird derzeit als eine der Hauptattraktionen des Festivals gehandelt. Die Oper verlost gar, wer überhaupt Eintrittskarten für seine Konzerte kaufen darf.

Der Künstlerwelt erscheint die Forderung des begehrten Musikers nach Vegetarismus aufgrund seines Kultstatus dann auch beinahe nebensächlich. Der Sänger sei ein solch »einzigartig begabter Mann, mit unnachahmlichem Stil«, schwärmte Festival-Organisator Ben Marshall beispielsweise, der schon während seiner High-School-Zeit »alle Schulordner« mit Fotos des Künstlers verziert hatte.

Nicht alle Fans sind jedoch so tolerant und begeistert wie Marshall. Auf der Facebook-Seite der Oper kommentierte die Australierin Danielle Cliff: »Ich liebe seine Musik, aber ich persönlich finde es ein starkes Stück, dass er verlangt, dass kein Restaurant vier Tage lang Fleisch serviert!« Das sei schon bizarr. Andere applaudierten dem Künstler dagegen, weil er für seine Überzeugung einsteht. »Toller Musiker! Ziemlich super, dass er die Oper in einen gewaltfreien Veranstaltungsort transformiert!«, schrieb Kevin Garber. Ein weiterer Fan fürchtete dagegen, dass sich nicht alle an das Fleischverbot halten werden. »Irgendein ignoranter Fleischesser wird sich auf den Fuß getreten fühlen und ein Steak auf ihn werfen und damit alles für alle ruinieren. Das sehe ich jetzt schon kommen«, unkte Isaac James.

Tatsächlich hat Morrissey schon Konzerte abgebrochen, wenn er den Geruch von Fleisch wahrgenommen hat. Erst im Februar sagte er ein Konzert in Island ab, nachdem der Veranstalter sich nicht auf seine vegetarischen Forderungen einlassen wollte. »Ich liebe Island und ich habe lange darauf gewartet, hierher zurückzukehren, aber ich überlasse die Harpa Concert Hall hiermit ihrer kannibalischen fleischfressenden Blutlust«, kommentierte Morrissey, den seine Fans »Moz« oder »Mozzer« nennen.

Der Brite ist seit seinem elften Lebensjahr überzeugter Vegetarier. 1985 brachte er mit seiner damaligen Band The Smiths sogar ein Album mit dem Titel »Meat is Murder« (»Fleisch ist Mord«) heraus. In Interviews bringt der rigorose 55-Jährige den Verzehr von Fleisch in Zusammenhang mit Vergewaltigung, Mord und Pädophilie. Die Oper ist nicht der erste Veranstaltungsort, der den speziellen Wünschen des Künstlers entgegenkommt. 2013 hatte beispielsweise das Staples Center in Los Angeles schon seine McDonalds-Filialen während eines Auftritts des Künstlers geschlossen.

Auch im Falle des Opernhauses ist die Entscheidung für die Kunst und gegen Fleisch so überraschend nicht. Denn das australische Wahrzeichen hat schon in der Vergangenheit bewiesen, dass es im Namen der Kunst zur Kontroverse bereit ist. 2013 hatte man beispielsweise für ein anderes Festival den britischen Doppelmörder James Monahan als Redner über die Rehabilitation von Gefangenen geladen. Der ist nach 20-jähriger Haftzeit wieder auf freiem Fuß.