Und noch einmal mit Sellering

Mecklenburg-Vorpommerns SPD nimmt Kurs auf die Landtagswahl 2016

  • Frank Pfaff, Schwerin
  • Lesedauer: 4 Min.
Ministerpräsident Erwin Sellering gilt als Erfolgsgarant der Nordost-SPD. Dem Rentenalter zum Trotz will er seine Partei auch im kommenden Jahr als Spitzenkandidat zur Landtagswahl führen.

Seit sechseinhalb Jahren führt Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) das Land Mecklenburg-Vorpommern. Und geht es nach den Pläne des 65-Jährigen Wahlschweriners mit westfälischer Zunge, dann kommen nach der Landtagswahl 2016 noch ein paar hinzu. Dass er die SPD erneut als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führen will, hatte Sellering mehrfach angekündigt. Und es gibt wohl keine ernsthaften Zweifel daran, dass ihm die Parteibasis bei der Wiederwahl zum Landesparteichef am Samstag in Gägelow bei Wismar mit einem fulminanten Ergebnis den roten Teppich dafür ausrollen wird. »Über 80 Prozent wäre ein schönes Ergebnis«, meint Sellering. Sein bislang bestes bekam er vor der Landtagswahl 2011 mit 89,5 Prozent.

»Sellering ist unangefochten. Er ist der populärste Politiker im Land, sein Stil kommt bei den Wählern an«, beschreibt der Rostocker Politikwissenschaftler Martin Koschkar die Ausgangslage. Die SPD habe 2011 mit ihm einen deutlichen Wahlsieg errungen. »Die Partei will stärkste Kraft im Land bleiben und Sellering bietet am ehesten die Gewähr dafür. Deshalb macht ihm auch niemand die Position streitig«, sagt Koschkar und verweist auch auf Sellerings Personalpolitik.

Der Partei- und Regierungschef habe junge Leute an strategisch wichtigen Positionen platziert. »Das schafft eine Hausmacht und hält Konkurrenten auf Distanz«, meint Koschkar. Die Minister Mathias Brodkorb (Bildung), Birgit Hesse (Soziales) und Christian Pegel (Verkehr) sind alle um die 40 und unter Sellering in die Ämter gekommen. Und auch in anderen Führungspositionen sitzen Vertraute des passionierten Schachspielers Sellering. Dessen ewiger Widersacher, Agrarminister Till Backhaus, hat sich unter anderem durch diverse Gerichtsverfahren selbst an den Rand des Spielfelds manövriert.

Nun plant Sellering den nächsten Zug. Auf dem Parteitag in Gägelow soll Pegel für das Amt des stellvertretenden Parteichefs kandidieren. Er würde an die Stelle von Bodo Wiegand-Hoffmeister treten, der nicht wieder antritt. Christian Pegel, geboren in Hamburg, gilt als enger Vertrauter seines Ziehvaters Sellering und als aussichtsreicher Kandidat für dessen Nachfolge auch im Amt des Regierungschefs. »Wir haben eine Demokratie, da entscheiden die Wähler«, wehrt Sellering Spekulationen ab. Mit Pegel rücke ein Vertreter Vorpommerns in den Parteivorstand. Außerdem muss sich der 41-Jährige erst noch als durchsetzungsfähiger Politiker beweisen. Erste Kratzer bekam das Bild des forschen Politikneulings durch die jüngsten Einschnitte bei den ambitionierten Zielen für den Ausbau der Windparks auf See. Pegel wäre nicht der erste Kronprinz der SPD, dem der Aufstieg verwehrt bliebe. Zumal Parteivize und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig durchaus eine ernst zu nehmende Mitbewerberin wäre.

Die politische Konkurrenz verfolgt die Weichenstellungen bei der SPD mit Interesse und doch wenig überrascht. »Sellering ist unangefochten und die SPD hofft einfach, dass er ihr wieder ein gutes Wahlergebnis beschert. Inhaltlich macht sie vor der Wahl kurz einen Ritt nach Links, um sich dann wieder in der Mitte einzusortieren«, sagt der CDU-Fraktionschef im Landtag, Vincent Kokert. Die guten Werte der Union im Bundestrend und ihr Erfolg bei der Kommunalwahl 2014 machen ihm für 2016 jedoch Hoffnung auf ein besseres Ergebnis als zur Landtagswahl 2011. Damals lag die CDU mit 23,0 Prozent deutlich hinter den Sozialdemokraten, die auf 35,6 Prozent kamen, und nur noch wenig vor der Linkspartei, die 18,4 Prozent erreichte.

LINKE-Spitzenpolitiker Helmut Holter verspürt nach eigenen Worten zwar deutliche Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit Sellerings Politik, erwartet aber dennoch keinen großen Veränderungen für dessen Partei. »Die SPD wird sich wieder als Partei der Ostversteher und des sozialen Ausgleichs geben. Und Sellering wird in bekannter Weise alle Probleme einfach weglächeln«, sagt der Chef der Linksfraktion im Landtag. Doch nur auf Sicht, »ohne Karte und Kompass« ein Land steuern zu wollen, das könne nicht auf Dauer gut gehen, meint Holter.

Als ausgesprochen gut und komfortabel schätzt der Parteienforscher Koschkar indes die »strategische Mittellage der SPD zwischen CDU und LINKEN« ein. Mit beiden Parteien hätten die Sozialdemokraten in der Vergangenheit schon Koalitionen gebildet. »Optionen, die den anderen beiden einfach fehlen und die die SPD im Spiel halten, auch wenn sie wieder hinter die CDU fallen sollte«, sagt Koschkar. Das aber will Sellering 2016 verhindern. »Wir wollen vorn bleiben. Dafür müssen wird uns anstrengen. Und das werden wir«, kündigt Sellering an. dpa/nd

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