Spezielles Kulturverständnis

Jürgen Amendt über den Berliner Theaterstreit

  • Lesedauer: 1 Min.

In Berlin wird derzeit über die Kultur gestritten. Vordergründig geht es in dem Konflikt um die Zukunft der Theater der Stadt. Die eine Seite (die Theaterintendanten) wirft der anderen (den Politikern) vor, die Kultur dem schnöden Event zu opfern. Der Ton ist schrill: Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, kritisierte, dass Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kürzlich zum ersten Mal in seinem Leben in der Oper gewesen sei. Was so viel heißt wie: Der Müller, der hat ja keine Ahnung von der Hochkultur. Müller wehrte sich und ließ sich in einer Zeitung mit der Frage zitieren, »Hätte Herr Peymann seine Kritik genauso formuliert, wenn ich Dr. Michael Müller wäre?«

Es geht also um mehr als darum, wer dem Intendanten der Volksbühne, Frank Castorf, nachfolgt. Müller hat kein Abitur, Peymann dagegen schon, Müller ist gelernter Drucker, Peymann Akademiker. Der Vorwurf, Peymann pflege ein elitäres Kulturverständnis, trifft eine verunsicherte gesellschaftliche Gruppe. Der Doktortitel, einst Insignie von Bildung und wissenschaftlichem Können, gilt seit den Plagiatsaffären um die Ex-Minister Guttenberg und Schavan als Ramschartikel, die Ausweitung des Hochschulsektors hat aus einem Studium eine spezialisierte Berufsausbildung gemacht. Peymanns Kulturverständnis ist nicht elitär, es ist nur noch sehr speziell.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal