NSA forschte mit BND-Hilfe Verbündete aus

Untersuchungsausschuss deckt auf, was lange vermutet wurde - muss Geheimdienstchef gehen?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Kanzleramt bestätigt: Der US-Geheimdienst NSA hat offenbar über Jahre mit Wissen des Bundesnachrichtendienstes (BND) Ziele in Westeuropa und Deutschland ausgespäht.

Der BND war ein williges Werkzeug der NSA. Der US-Dienst lieferte offenbar seit mehr als zehn Jahren sogenannte Selektoren - also IP- und E-Mail-Adressen oder Handynummern - an den BND. Der speiste diese Suchkriterien manuell in seine globalen Überwachungssysteme ein.

Spätestens 2008 fiel BND-Mitarbeitern auf, dass Selektoren dem Aufgabenprofil des BND zuwiderlaufen und auch nicht vom »Memorandum of Agreement« abgedeckt sind, das der deutsche Auslandsgeheimdienst mit den NSA-Partnern 2002 zur gemeinsamen Terrorbekämpfung verabredet hat, behauptet der »Spiegel« .

Offenbar suchte die NSA gezielt nach Informationen etwa über den Rüstungskonzern EADS, Eurocopter oder französische Behörden. Auch Politiker sollen gezielt ausspioniert worden sein. Doch statt das vorgesetzte Kanzleramt zu alarmieren, half der BND den US-Partnern bei der Spionage gegen Westeuropa. Offenbar hatte man Sorge, sonst keine NSA-Informationen mehr zu bekommen.

Erst nach den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Spions Edward Snowden befasste sich im Sommer 2013 eine BND-Abteilung gezielt mit den NSA-Suchbegriffen. Ergebnis: Rund 2000 der Selektoren verstießen eindeutig gegen die Norm. Nach einem vom NSA-Untersuchungsausschuss beschlossenen Beweisantrag beschäftigte sich der BND erneut mit dem Skandal, in den er verwickelt ist, und stellte fest: Bis zu 40 000 der von den USA erhaltenen 800 000 Selektoren sind gegen westeuropäische und deutsche Interessen gerichtet. Darüber wurde die vorgesetzte Behörde, das Kanzleramt, erst im März unterrichtet. Sagt dessen Chef, Peter Altmaier (CDU), der am Mittwochabend Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des NSA-Ausschusses unterrichtete. BND-Präsident Gerhard Schindler war dabei ausgeschlossen. Er wird nun vermutlich als Bauernopfer herhalten müssen.

Die mediale Stellungnahme der Bundesregierung ist betont knapp und inhaltsleer: »Im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht hat das Bundeskanzleramt technische und organisatorische Defizite beim BND identifiziert. Das Bundeskanzleramt hat unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben.« Es bleibe dabei: »Nach wie vor gibt es keine Hinweise auf eine massenhafte Ausspähung deutscher und europäischer Staatsbürger.«

Der NSA-Untersuchungsausschuss, der am Donnerstag planmäßig Schindlers Amtsvorgänger Ernst Uhrlau und einen Mann aus dem Kanzleramt geladen hatte, zog sich zu interner Beratung zurück - ohne Öffentlichkeit und ohne Vertreter der Bundesregierung. Danach kritisierte unter anderem die Obfrau der Linksfraktion Martina Renner, der Auslandsgeheimdienst führe »ein Eigenleben« und habe »ganz offensichtlich das Parlament und die Bundesregierung jahrelang über das Ausmaß und die Ziele der NSA-BND-Kooperation belogen«. Ihr Grünenkollege Konstantin von Notz findet bestätigt, »was wir lange vermutet haben«. Kommentar Seite 4

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