nd-aktuell.de / 25.04.2015 / Wissen / Seite 24

Erst machen, dann lernen

Spielentwickler gilt als Traumberuf. Entsprechend groß ist der Konkurrenzdruck. Wer hier erfolgreich sein will, der braucht viel mehr als gute Noten. Von Jan Bojaryn

Jan Bojaryn

In Berlin wurde Anfang der Woche der Deutsche Computerspielpreis verliehen. Bei der Bewertung der Games geht es dabei zunehmend darum, deren kulturelle Bedeutung in den Vordergrund zu stellen. Spielemachen mag eine vergleichsweise neue Kunst sein. Aber es gibt sie schon seit Jahrzehnten. Längst werden Großprojekte vom Maßstab eines Assassin’s Creed über mehrere Jahre hinweg von Hunderten Menschen im Team entwickelt. Das entspricht dem Stellenwert, den digitale Spiele mittlerweile in der Gesellschaft haben. Benjamin Rostalski von der Stiftung Digitale Spielkultur ist überzeugt, dass Spiele an Bedeutung gewinnen: »Jedes neue Medium, dass sich in die dichten Reihen etablierter Medien drängte, wurde argwöhnisch gemustert.« Rostalski ist vom Potenzial der »Spiele als Kunstform« überzeugt: »Sie sind ein Instrument des gesellschaftlichen Dialogs, können Diskurse anregen, Konventionen hinterfragen, Grenzen und Konflikte sichtbar machen und die Triebfeder kultureller, politischer und gesellschaftlicher Evolution sein.«

Aber was muss man tun, um sich für einen Studienplatz zu qualifizieren? In der Ausbildung wird das Spielemachen meist in drei Bereiche geteilt. Wer in Köln am Cologne Game Lab (CGL) studieren will, der muss im Bachelor-Studiengang »Digital Games« aus einem von drei »Specialisation Tracks« wählen. Björn Bartholdy, Mitgründer des CGL, sieht in der Dreiteilung die wesentlichen Felder des Spielemachens aufgehoben: Da wäre erstens »Game Design«, laut Bartholdy »die Konzeption, die Entwicklung der Spielmechaniken und narrativer Techniken.« Zweitens »Game Arts« - »Welten, Charaktere, Requisiten erschaffen und animieren. Außerdem noch Sounddesign.« Und drittens »Game Informatics, die technische Umsetzung«.

Diese Aufteilung ist weit verbreitet. An der Berliner Games Academy (GA) sind Game Design, Game Arts und Computer Science sogar getrennte Studiengänge. Mancherorts wird stärker spezialisiert, anderswo integriert. Breite Fachkenntnisse sind allerdings immer von Vorteil: Bartholdy empfiehlt angehenden Spielemachern das Leitbild des »spezialisierten Generalisten«. Auch in einem Team aus Spezialisten müssen die Fachleute verstehen, was ihre Kollegen gerade tun.

Im kleinen Studio Fizbin in Ludwigsburg wäre das anders gar nicht machbar. Das Adventure »The Inner World« hat 2014 den Deutschen Computerspielpreis gewonnen. »Wir haben das Studio zu dritt gegründet«, erzählt der Game Director der Firma, Sebastian Mittag. Auch große Studios arbeiten öfter mit kleinen Maßstäben, so etwa das Berliner Vorzeige-Studio Wooga, bekannt für Free-to-Play-Hits wie »Diamond Dash«.

Der Königsweg zu solchen Jobs geht über das Game-Design-Studium. Aber wie kommt man da ran? Mit Spielbegeisterung und guten Abinoten? Das reicht nicht, sagt Annika Knipp, Marketingleiterin der Games Academy. »Man sollte gute Arbeitsproben in jedem Bereich vorlegen. An denen entscheidet sich die Aufnahme.« Computer sind billig, auch Profi-Tools sind erschwinglich geworden. Wer Spiele machen will, darf also nicht auf die Uni warten: »Der Konkurrenzdruck ist mittlerweile immens«, mahnt Knipp. Wer überhaupt mit dem Studium anfangen will, der sollte vorher mit dem Spielemachen anfangen, Hilfe und Anschluss in Online-Communitys suchen, Erfahrung in Amateurprojekten sammeln.

Für die Wahl des Studienplatzes gibt es viele Optionen. Die Einreichung eines Portfolios gehört eigentlich immer dazu, ebenso die Hochschulreife. So ist es auch an der CGL und an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften, die den »Games Master« als Teilstudiengang in drei Semestern anbietet. Neben einem abgeschlossenen Diplom oder Bachelor in Design, Informatik oder verwandten Fächern sind auch hier gute Arbeitsproben nötig.

Dicht geballt sind die Möglichkeiten in Berlin: Hier hat die GA ihren Hauptsitz. Wer wissen will, ob er für Studiengänge oder Ausbildungsprogramme an der GA qualifiziert ist, der kann dort unter anderem einen zweiwöchigen Schnupperkurs belegen. Die Feuertaufe kostet fast 500 Euro, wird allerdings auch auf die Studiengebühr angerechnet. Auch die School For Games wird privat geführt. Sie richtet sich speziell an die Browser- und Social-Games-Sparten. Wer hier landen will, der braucht nicht unbedingt ein Abi, aber ebenfalls Arbeitsproben.

Einen Standort in Berlin haben auch die Mediadesign Hochschule mit ihrem Game-Design-Bachelor und die School of Audio Engineering, die Bachelor-Studiengänge und Weiterbildungen anbietet. Aber auch die staatlichen Hochschulen sind aktiv geworden. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin etwa vergibt im Jahr 40 Plätze für den Game-Design-Bachelor. Hier steht ebenfalls ein harter Eignungstest aus »Hausaufgabe« und Bewerbungsgespräch vor dem Studium. Aber wer es hier schafft, der hat einen großen Vorteil: keine hohen Studiengebühren, wie sie an den privaten Einrichtungen üblich sind.

Überbewerten sollte man die formelle Bildung aber nicht. Bei Wooga etwa geht auch bei Absolventen der Blick zuerst auf die Arbeitsmappe, wie PR-Chefin Marie-Blanche Stössinger erklärt: »Das Portfolio ist viel wichtiger als irgendein Abschluss.«

Ein Überblick über Studienmöglichkeiten und -standorte findet sich unter: www.games-career.com/de/Studium[1]

Links:

  1. http://www.games-career.com/de/Studium