Schelte aus Ankara - Berlin schweigt

Türkische Regierung empört über Gaucks »Völkermord«-Äußerungen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Bundesregierung hat die scharfe Kritik der Türkei an Bundespräsident Joachim Gauck nicht kommentiert. Bundespräsidialamt, Kanzleramt und Auswärtiges Amt äußerten sich nicht zur türkischen Empörung über Gaucks Aussagen zum »Völkermord« an den Armeniern vor 100 Jahren.

Gauck hatte die Massaker im Osmanischen Reich an bis zu 1,5 Millionen Armeniern im Ersten Weltkrieg klar als Völkermord bezeichnet. Er setzte sich damit über Bedenken in der Bundesregierung hinweg, diese Einordnung könne die Beziehungen zum NATO-Partner Türkei beschädigen. Die Türkei als Nachfolgestaat des Osmanischen Reichs lehnt die Bezeichnung Völkermord ab.

Die Regierung in Ankara reagierte scharf. Gauck habe keine Befugnis, der türkischen Nation eine Schuld anzulasten, die den rechtlichen und historischen Fakten widerspreche, hieß es in der Mitteilung des Außenministeriums. »Das türkische Volk wird dem deutschen Präsidenten Gauck seine Aussagen nicht vergessen und nicht verzeihen«, wurde erklärt. Die Regierung warnte vor »langfristigen negativen Auswirkungen« auf das deutsch-türkische Verhältnis. Präsident Recep Tayyip Erdogan wies darüber hinaus alle Staaten zurecht, die von Völkermord sprechen. Speziell Russland, Frankreich und Deutschland sollten sich um ihre eigene Geschichte kümmern, sagte das Staatsoberhaupt. »Zuerst müssen sie, einer nach dem anderen, die dunklen Punkte ihrer eigenen Geschichte bereinigen.«

Der Bundestag hatte sich am Freitag der Bewertung Gaucks angeschlossen. Redner aller Fraktionen teilten diese Einschätzung. Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier meldeten sich indes nicht zu Wort. Agenturen/nd

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