Ärger mit dem Fitnessstudio

Vertragsrecht

  • OnlineUrteile.de
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine 70-jährige Frau, die Sozialhilfeempfängerin ist, fand in ihrer Post einen Flyer vom Fitnessstudio für Frauen: »Testen Sie uns!« forderte die Reklame. Geboten wurden zwei Probewochen zu »nur 19,90 Euro«.

Da die Frau schon länger an Rückenproblemen litt und ihr die Ärzte nach einer Operation 2013 »sanftes Muskeltraining« empfohlen hatten, wollte sich die Seniorin, die sich sonst ein Fitnessstudio nicht leisten konnte, wenigstens mal das »Schnupperangebot« nutzen.

Wie im Werbeflyer angeboten, wollte sie zwei Wochen Mitglied auf Probe werden. Ein Mitarbeiter des Studios gab ihr ein Vertragsformular. Sie könne es ohne Brille nicht lesen, fragte zurück. Der Mitarbeiter versicherte ihr, es handle sich um eine Vereinbarung, die ihren Wünschen entspreche.

Das war falsch. Tatsächlich unterschrieb die brillenlose Münchnerin einen Vertrag, in dem sie sich zu 64 Wochen Training verpflichtete (Basispaket zu 16 Euro pro Woche plus Startgebühr).

Als die Frau zu Hause den Vertrag las, fiel sie aus allen Wolken. Dem Fitnessstudio teilte sie mit, sie fühle sich getäuscht - den Vertrag könne sie sich gar nicht leisten. Vertrag ist Vertrag, meinte der Studioinhaber, und Verträge seien zu erfüllen.

Das Amtsgericht München (Urteil vom 18. Juni 2014, Az. 271 C 30721/13) ersparte der Seniorin die Zahlung von 1130 Euro. Sie könne die Beitrittserklärung wirksam anfechten, weil sie sich über deren Inhalt geirrt habe. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könne eine Vertragspartei, die ein Schriftstück ungelesen unterschrieben habe, den Vertrag anfechten, wenn sie sich vom Inhalt eine falsche Vorstellung gemacht habe. Genau das treffe hier zu. Die Frau habe eine zweiwöchige Probemitgliedschaft und keinen Vollvertrag gewollt. OnlineUrteile.de/nd

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