Ausschluss vom Erbe nach Tötungsversuch an kranker Frau?

Erbrecht

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Ehemann, der seine schwer kranke Frau aus Mitleid zu töten versucht hat, kann vom Erbe ausgeschlossen werden. Das gilt zumindest dann, wenn der Mann wegen seines Handelns rechtskräftig verurteilt wurde.

Zu dieser Entscheidung kam der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 27. März 2015 (Az. IV ZR 400/14). Anspruch auf das Erbe könne aber bestehen, wenn der Abbruch der lebenserhaltenden Maßnahmen aufgrund einer Patientenverfügung oder wegen einer strafbaren Tötung auf Verlangen erfolgte.

Im konkreten Fall hatte ein hessisches Ehepaar sich gegenseitig im Testament als Alleinerben eingesetzt. 1997 erkrankte die Ehefrau an Alzheimer. Sechs Jahre später war sie auf eine Magensonde angewiesen.

Um das Leiden seiner Frau zu beenden, durchtrennte der Mann den Schlauch zur Magensonde. Das Pflegepersonal konnte diese wieder reparieren, so dass die Frau überlebte. Einen Monat später starb die Frau an einer Lungenentzündung.

Der Ehemann wurde zu einer einjährigen Bewährungsstrafe wegen versuchten Totschlags in einem minderschweren Fall verurteilt. Der Sohn wollte den Vater daraufhin als »erbunwürdig« erklären lassen.

Der BGH urteilte, dass eine versuchte vorsätzliche Tötung zur Erbunwürdigkeit führt. Das Erbe dürfe dann nicht von dem Täter angetreten werden. Hier habe der Ehemann die Magensonde durchtrennt, ohne dass er sich auf eine Patientenverfügung der Frau berufen konnte. Auch eine Tötung auf Verlangen lag nicht vor, da die Ehefrau seit zehn Jahren nicht ansprechbar war.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen liege Erbunwürdigkeit vor, selbst wenn aus »anerkennenswerten Motiven« gehandelt wurde. Voraussetzung für die Erbunwürdigkeit des Ehemannes sei allerdings, dass dieser schuldfähig war.

Dies müsse nunmehr das Oberlandesgericht Frankfurt am Main feststellen und zudem prüfen, ob die verstorbene Ehefrau nicht doch einen Patientenwillen geäußert habe. epd/nd

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