Tsipras tauscht Chefunterhändler aus

EU-Kommission will Wachstumsprognose für Griechenland senken / Berlin: Ball liegt im Feld von SYRIZA

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Streit mit den Gläubigern nimmt die Regierung in Athen Finanzminister Varoufakis aus der Schusslinie.

Berlin. Der griechische Premier Alexis Tsipras versucht offenbar, durch zwei Personalien die Möglichkeiten einer Einigung mit den Gläubigern zu verbessern: Künftig soll Vizeaußenminister Euklides Tsakalotos die Koordination einer neuen Arbeitsgruppe der SYRIZA-geführten Regierung für die politischen Verhandlungen mit den Gläubigern übernehmen.

Zudem wird der Chefunterhändler der griechischen Delegation bei den technischen Gesprächen ausgetauscht. Der schon früher als Unterhändler aktive Giorgos Chouliarakis ersetzt Nikos Theocharakis, einen Vertrauten von Finanzminister Yanis Varoufakis. Theocharakis soll sich nun auf einen Plan für Wachstum konzentrieren, der die Basis für ein Folgeabkommen bilden soll, das im Juni das bisherige Kreditprogramm ablösen könnte.

Die Personalien sind nicht zuletzt mit Blick auf die Frage gedeutet worden, wie fest Varoufakis im Sattel sitzt. Der Finanzminister war zuletzt mehr und mehr zum Buhmann der Krisengespräche erklärt worden. Auch in der Athener Opposition hieß es, es sei das Beste, wenn er zurücktrete. »Sie wollen Varoufakis’ Kopf«, titelte die Zeitung »Ta Nea« mit Blick auf die Gläubiger.

Premier Tsipras versicherte Varoufakis aber sein Vertrauen. Der Finanzminister wird ebenso der neuen Regierungsarbeitsgruppe angehören. Varoufakis sei zur »Zielscheibe der internationalen Presse« geworden.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte, die Lage bei den Verhandlungen sei »frustrierend«, der Ball liege »definitiv im Spielfeld der Griechen«. Linksfraktions-Vize Sahra Wagenknecht warf dagegen der Bundesregierung vor, auf »Unterwerfung« von SYRIZA zu setzen.

Derweil will die EU-Kommission die Wachstumsprognose für Griechenland für 2015 senken. Im Winter habe man 2,5 Prozent für dieses Jahr erwartet. »Unsere Frühjahrsprognose für Griechenland wird pessimistischer ausfallen«, so der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. In seinem Umfeld wurde SYRIZA dafür verantwortlich gemacht, da die Linkspartei den von den Gläubigern verlangten Weg von »Reformen und Haushaltsdisziplin« nicht weiter verfolge. Zuletzt hatten Zahlen aus Athen allerdings erneut gezeigt, dass die Politik der Kürzungen und Privatisierungen keineswegs erfolgreich war. Auch Griechenlands Staatsoberhaupt Prokopis Pavlopoulos kritisierte die Kürzungsprogramme. »Ein Teil der uns auferlegten Maßnahmen ist nicht durch EU-Recht gedeckt.« Problematisch sei etwa die Kritik der Gläubiger am griechischen Mindestlohn. Auch in Deutschland gebe es ein Existenzminimum, so Pavlopoulos. Er verwies zudem auf die wachstumsfeindlichen Wirkungen der Sparkdiktate.

Am Sonntagabend hatten Tsipras und Kanzlerin Angela Merkel bei einem Telefonat vereinbart, während der Verhandlungen eine »stabile Kommunikation aufzubauen, um rasch zu einer Vereinbarung zu kommen, die gut für beide Seiten ist«. Die »Bild«-Zeitung behauptete, Tsipras habe Merkel und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem »von einem Notgipfel der EU für diese Woche« zu überzeugen. Mit Agenturen

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