Al-Baschir bleibt und die Probleme auch

Nach der Wiederwahl des sudanesischen Präsidenten steht das Land weiter vor schwierigen Herausforderungen

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 3 Min.
Sudans Präsident Omar al-Baschir steht nach seinem Wahlsieg vor einer neuen Amtszeit. Der nationale Dialog ist derweil noch nicht über seine Anfänge hinausgekommen.

Es ist alles relativ: 46 Prozent Wahlbeteiligung seien ein beträchtlicher Wert im Vergleich zu den USA, Frankreich und anderen demokratischen Nationen, meint Professor Mukhtar al-Asam. Er ist seines Zeichens Chef der sudanesischen Wahlkommission. Der Teil der Opposition, der die Wahlen boykottiert hat, darunter gewichtige Gruppen wie die bis 1989 regierende Umma-Partei von Sadiq al-Mahdi oder die SPLM/N, der nördliche Parteiableger der in Südsudan regierenden Sudanesischen Befreiungsarmee, spricht dagegen von zehn Prozent. Vieles an den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von Mitte April mag umstritten sein, der Sieger an sich ist es nicht: Bei den Wahlen vor zwei Wochen seien 94 Prozent der Stimmen auf Omar al-Baschir entfallen, teilte ein Sprecher am Montag in Khartum mit.

Nimmt man die offiziellen Daten, hat Sudan eher zu viel Pluralismus als zu wenig: 44 Parteien und 16 Präsidentschaftskandidaten stellten sich zur Wahl, außer al-Baschir war darunter freilich kein bekanntes Gesicht, da Sadiq al-Mahdi, Premier bis zum Putsch von al-Baschir 1989, seit 2014 im Pariser Exil weilt und wie die SPLM/N die Wahlen boykottierte. Hassan al-Turabi, der seit Jahrzehnten an der Spitze der Muslimbrüder steht, boykottierte zwar nicht die Wahlen, trat aber auch nicht an. Chancen hätte der 83-Jährige, der von 1989 bis 1999 der Spiritus Rector der Regierung war, bis er von seinem Ziehsohn al-Baschir entmachtet wurde, ohnehin keine gehabt. Für Turabi gilt wie für den 80-jährigen al-Mahdi: Sie haben den Zeitpunkt verpasst, die Übergabe der Parteigeschäfte an einen geeigneten Nachfolger zu regeln. Stattdessen blieben sie auf ihren Stühlen sitzen. Das gilt zwar auch für al-Baschir, der 2011 seinen Rückzug angekündigt hatte, nun aber »auf Wunsch« der Delegierten der Nationalen Kongresspartei (NCP) nochmals antrat. Aber der 71-Jährige duldet immerhin starke Politiker wie den einflussreichen Vizepräsidenten Ibrahim Gandur neben sich und ist zudem wegen seiner Volksnähe beliebt.

Auch die Parlamentswahlen entschied der NCP deutlich für sich. Mit einem geschickten Schachzug hat die NCP regionalen Gruppierungen 30 Prozent der Sitze im nationalen Abgeordnetenhaus zugesichert. Das schmälert die eigene Macht nicht im Kern, schwächt aber die traditionellen Oppositionsparteien, die dem Urnengang fernblieben. Die im August 2014 von al-Mahdis NUP und der Sudanesischen Revolutionären Front unterzeichnete Pariser Erklärung, in der sie gemeinsam zu umfassenden Reformen in Sudan aufriefen, ist mehr oder weniger verpufft. Beide Parteien erklärten, Wahlen boykottieren zu wollen, solange es keine Übergangsregierung gebe, die die »Grundrechte wiederherstellen« und die Konflikte in den Bundesstaaten Darfur, Blue Nile und Südkordofan beenden würde. Die NCP weigerte sich, die Pariser Erklärung anzuerkennen und hielt an den Wahlen 2015 fest, auch wenn in den Konfliktgebieten nur teilweise gewählt werden konnte. Indes steckt der seit Januar 2014 laufende nationale Dialog, mit dem al-Baschir Sicherheit und Frieden, Wirtschaftsbelebung und Armutsreduzierung sowie eine Ausweitung der politischen Freiheit anstrebt, noch in den Kinderschuhen. Und nur ein Teil der Opposition macht überhaupt mit.

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