Pflege reimt sich immer mehr auf Armut

Versicherungsleistungen haben mit den Kostensteigerungen nicht Schritt gehalten

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr als 7600 Menschen in Brandenburg sind deshalb auf Stütze vom Staat angewiesen, weil die Pflegeversicherung für ihre Versorgung nicht ausreicht.

Der Zusammenhang zwischen Pflegebedürftigkeit und Armut wird auch in Brandenburg immer enger. Mehr als 7600 Pflegebedürftige sind gleichzeitig Empfänger von staatlicher Hilfe, teilte Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE) mit.

Damit habe sich ein »kontinuierlicher Anstieg der vergangenen Jahre fortgesetzt«, unterstrich sie. Der Anteil der Pflegebedürftigen, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, an der Gesamtzahl der Pflegebedürftigen sei nur deshalb leicht gesunken, weil die Zahl der Pflegefälle allgemein schnell steige. Im Jahr 2009 empfingen 7,9 Prozent der Pflegebedürftigen Sozialhilfe, im Jahr 2013 waren es 7,4 Prozent. Der Landtagsabgeordnete René Wilke (LINKE) weist darauf hin, dass 20 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung »deutschlandweit immer mehr Pflegefälle zum Sozialfall« werden. Er beruft sich auf Berichte, wonach ihre Zahl seit 2005 um 31 Prozent angewachsen sei. »Rund 444 000 Pflegebedürftige waren 2013 auf finanzielle Unterstützung angewiesen. 2005 waren es noch knapp 350 000.« Im gleichen Zeitraum haben sich die Ausgaben des Staates für Pflegebedürftige von 2,61 Milliarden auf 3,34 Milliarden Euro erhöhlt.

Ein Grund dafür: Die Versicherungsleistungen halten bei Kostensteigerung nicht Schritt. Die LINKE kritisierte bereits im vergangenen Jahr eine zum Teil unvertretbare Zunahme des geforderten Eigenanteils. Pflegeheime haben »die Kosten für einen Pflegeplatz teilweise sehr deutlich« angehoben. Damit steige der Eigenanteil der Betroffenen beziehungsweise der Angehörigen ebenso stetig »und kann von vielen nicht mehr getragen werden«, hieß es. Verwiesen wird auf ein Beispiel, in dem der Eigenanteil eines Pflegebedürftigen innerhalb von vier bis fünf Jahren um 70 Prozent zugenommen habe. »Viele Betroffene sind in Unkenntnis darüber, welche Möglichkeiten ihnen zu Verfügung stehen, um auf diese Kostensteigerung reagieren zu können.«

Entscheidend dafür, ob und in welcher Höhe ein Heimbewohner zuzahlen muss, ist die Höhe des verfügbaren Einkommens und Vermögens. Die Kostenentwicklung in den Heimen ergibt sich nicht zuletzt aus erhöhten Aufwendungen für Personal und Betriebskosten. Gestiegen sind insbesondere auch die Energiepreise. Der Pflegesatz für die vollstationärer Dauerpflege ist zwischen 2007 und 2011 in der Pflegestufe 1 von 37 Euro auf 39,52 Euro täglich gestiegen, in der Pflegestufe 2 von 46 Euro auf 50,01 Euro und in der Pflegestufe 3 von 62 Euro auf 66,86 Euro. Das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung erhöhte sich von 16 Euro auf 16,97.

Während sich die Kosten der Pflegeleistungen erhöhten, wuchs die Pflegeversicherungsleistung nicht im selben Maße mit. Daher ist der von der Pflegeversicherung abgedeckte Teil an den Gesamtkosten in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Der sich daraus ergebende höhere Eigenanteil führte dazu, das mehr Pflegebedürftigen auf Sozialhilfe angewiesen sind. Ursprünglich sollte die Pflegeversicherung verhindern, dass Pflegebedürftigkeit in die Sozialhilfe führt. Doch dieses Ziel wird immer weniger erreicht. Daher hatte sich die rot-rote Landesregierung dafür ausgesprochen, die Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend der allgemeinen Preissteigerung anzuheben. Zum 1. Januar wurden die Leistungen um vier Prozent erhöht.

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