Eventschuppen ohne Szene-Allüren

Mit dem »Haubentaucher« eröffnet am Donnerstag in Friedrichshain ein neuer Pool-Cub

  • Caroline Bock
  • Lesedauer: 3 Min.
In Berlin ist der Hype um neue Orte groß. So war es früher beim »Soho House«, dem »Klunkerkranich« oder beim »Badeschiff«. Jetzt kommt der »Haubentaucher«. Was verbirgt sich dahinter?

In Berlin macht ein Schwimmbad auf. Warum sollte man das wissen? Ganz einfach: zum Mitreden. Der Pool-Club »Haubentaucher« wird vermutlich bald in den Reiseführern und in den Magazinen der Billigflieger stehen. Er liegt auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain, einem der wenigen Orte, die noch nach dem wilden Berlin der 90er Jahre aussehen, mit Graffiti und Fabrikruinen-Charme.

Ein Ort für Besuch: Schaut, so sah es früher überall aus. Die Gegend ringsum hat wegen der Clubs mal den Spitznamen »Techno-Strich« bekommen. Berlin übt sich dort in Großstadt-Trends: An Sonntagen stehen die Leute Schlange, um an Imbissbuden teures »Streetfood« zu essen. Bei der Party »Morning Gloryville« wird morgens vorm Büro getanzt, bei Yoga und Smoothie.

Am Donnerstag macht der »Haubentaucher« auf. Es dürfte voll werden. In Berlin ist der Hype um neue Orte groß, so war es beim »Soho House«-Club, der nur für Mitglieder zugänglich ist, und bei der »Klunkerkranich«-Terrasse auf einem Neuköllner Parkdeck. Das »Badeschiff« auf der Spree ist schon seit Jahren kein Geheimtipp mehr. Im Sommer stapeln sich am Pool dort Backpacker aus aller Welt.

Der 7000 Quadratmeter große »Haubentaucher« wurde unter freiem Himmel in ein altes Eisenbahngemäuer hineingebaut. Neben dem etwa 20 Meter langen Becken finden sich ein Biergarten, ein Lounge-Bereich und eine Halle für Events - darauf ein riesiges Bild des namensgebenden Wasservogels. Geworben wird mit einem »Sundeck im Stil der Côte d’Azur in den 60er Jahren«.

Einer der Betreiber übt sich eher in Understatement: »Das hat nicht den Anspruch, Szene zu sein«, sagt Jan Denecke. Einen Türsteher mit Gesichtskontrolle solle es nicht geben. Drei Euro koste der Eintritt. »Hier kann man auch gut ohne Badehose hingehen«, meint der 41-Jährige. Am Pool sitzen und aufs Wasser schauen, das sei ein bisschen wie ins Lagerfeuer gucken. Es solle eine Adresse für tagsüber oder den Feierabend-Drink werden.

Inspiriert ist das Ganze vom »Sonar Festival« in Barcelona, das den vier Betreibern wegen der Kombination aus Pool, Open Air und Musik gefiel. Sand wird nur wenig verwendet: Die großen Zeiten von Strandbars seien vorbei. »Wir können keinen Sand mehr sehen«, lacht Denecke.

Yoga statt Wodka, Pool statt tagelanger Party - wird Berlin jetzt erwachsen und verlegt sich aufs Tagesgeschäft? Lutz Leichsenring von der Clubcommission, dem Dachverband der Clubs, sieht das anders. Morgen-Partys etwa könnten demnach vielleicht ein ähnlicher Hype sein wie »After Work Partys«, von denen niemand mehr rede.

Und: »Das ist doch auch das Spannende an Großstädten, dass man aus so vielen Richtungen die verschiedensten Ideen miteinander kombinieren kann - und dann auch noch auf genügend Leute trifft, die das auch interessiert.« Der Mix werde immer bunter, wie Leichsenring schildert: Auf einer Party wird Dub-Musik mit zerkratzten Schellackplatten kombiniert. Neben der Tanzfläche schreiben Leute an einer alten Schreibmaschine Lyrik, im anderen Raum warten eine Siebdruckwerkstatt und ein »Chai-Zelt« mit indischem Tee.

Nun also eine neue Bade-Adresse. Zu Eröffnung wollen die »Haubentaucher«-Betreiber Synchronschwimmer einladen. Auf seiner Facebook-Seite hat der Poolclub fast 5000 »Gefällt mir«-Daumen erhalten. Mal sehen, ob sich das an den Schlangen vor dem Eingang spiegelt. dpa

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