Überschussbeteiligung weiter abwärts

Lebensversicherung

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Lebensversicherer haben »traumhafte Gewinne« erwirtschaftet, setzen aber ihre »Kunden auf Nulldiät«, kritisiert die Verbraucherzeitschrift »Öko-Test«. Axel Kleinlein, Vorstandschef des Bundes der Versicherten, spricht gar von der »Renaissance des legalen Betrugs« und wirft den Anbietern vor, sie würden der Politik, der Finanzaufsicht und ihren Kunden schlechte Zeiten vorgaukeln - zum Schaden der Kunden. Dagegen bezeichnet der Versicherungsverband GDV solche Kritik als »abwegig«. Was stimmt nun?

Versicherer, so viel steht fest, leiden unter der akuten Niedrigzinsphase. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Anderseits, das zeigen beispielhaft die Bilanzzahlen der Allianz, sind die Zeiten nicht gar so schlecht, wie sie von manchem gemacht werden. So profitieren Versicherer von steigenden Aktienkursen und attraktiven Investitionen in Infrastruktur, etwa Windparks. Kritiker bemängeln jedoch hohe Kosten für den Vertrieb oder eine zu hoch kalkulierte Lebenserwartung - was zu hohen Rückstellungen führt, auf Kosten der Renditen der Kunden.

Neubewertung der Kapitalrückstellungen

Die Rendite mindern könnten auch die Maßnahmen der Bundesregierung, mit denen sie die Versicherer vor einer Finanzkrise schützen will. Dazu dient die Neubewertung der Kapitalrückstellungen. Mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) wurden im August 2014 neue Regeln festgeklopft. Mit dem neuen Gesetz wurde die Beteiligung an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere begrenzt. Unternehmen dürfen an ausscheidende Kunden künftig nur noch die Reserven zur Hälfte auskehren, die den sogenannten Sicherungsbedarf übersteigen(!). Das ist der Betrag, der im jeweils aktuellen Zinsumfeld erforderlich ist, um die zugesagten Leistungen und Garantien zu sichern. Wichtig: An den Bewertungsreserven von Aktien oder Immobilien - die allerdings nur etwa 10 Prozent der Kapitalanlagen ausmachen - bleiben ausscheidende Kunden uneingeschränkt zur Hälfte beteiligt.

Die Änderungen, mit denen die Krisenfestigkeit der Assekuranz erhöht werden soll, betreffen 62 der rund 88 Millionen Lebens- und Rentenversicherungspolicen in Deutschland. Das hat seinen Preis: Unterm Strich dürften Versicherte zukünftig geringere Überschussbeteiligungen aus Lebensversicherungen kriegen. So malt die Assekurata Ratingagentur ein düsteres Zukunftsbild für die Lebensversicherungsbranche: Es wird noch weiter abwärts gehen bei der Überschussbeteiligung.

Was steht Versicherten zu?

Dabei sorgt die fehlende Transparenz bei den Verträgen immer wieder für juristische Scharmützel. Erst im Februar wies der Bundesgerichtshof (Az. IV ZR 213/14) die Klage eines Rentners zurück: Die Allianz habe ihn bei einem 2008 auslaufenden Vertrag nicht ausreichend an den Reserven beteiligt. Die tatsächliche Rendite von (Kapital-)Lebensversicherungsverträgen ergibt sich nämlich erst am Ende der Vertragslaufzeit.

Seit dem 1. Januar 2015 beträgt der Höchstrechnungszins nur noch 1,25 Prozent. Das ist der Wert, mit dem bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen der gebildete Kapitalstock (Faustformel: Beiträge minus Kosten) mindestens verzinst wird. Er bleibt während der gesamten Laufzeit gleich und wird deshalb auch Garantiezins genannt.

Die Absenkung betrifft nur Neuverträge, die ab 2015 abgeschlossen werden. Bei allen bestehenden Verträgen bleibt es bei den abgegebenen Garantiezusagen von bis zu 4,0 Prozent. Dieser Garantiezins bezieht sich jedoch nur auf den Sparanteil der eingezahlten Beiträge (nach Abzug der Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Todesfallschutz). Er ist jedoch nur ein, aber zentraler Baustein der Gesamtrendite einer Lebensversicherung.

Komplizierter Sparanteil

Zusätzlich erhalten Kunden nach einem komplizierten Schlüssel auf ihren Sparanteil eine Überschussbeteiligung. Sie erhöht die vertraglich garantierte Versicherungssumme, wenn der Versicherer mit seinem Kapital mehr Geld verdient hat als zur Bedienung der Garantie notwendig wäre. »Wie hoch die Überschussbeteiligung (insgesamt) ausfällt, lässt sich zum Vertragsbeginn jedoch nicht abschätzen«, erklärt ein Sprecher des Versicherungsverbandes GDV.

Für realistisch halten wir eine Gesamtverzinsung der eingezahlten Beiträge von 2 bis 3 Prozent. Das ist angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase nicht schlecht. Aber im Gegenzug binden Sie sich mit einem Vertrag für länger als ein Jahrzehnt. Wie viele Verbraucherschützer raten wir daher im Regelfall vor dem Abschluss einer Lebensversicherung als Altersvorsorge ab. Hermannus Pfeiffer

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