Der König ist tot, es lebe der König

Hochherrschaftliches vom Verlag Das neue Berlin über Friedrich den Großen

  • Almut Schröter
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.
Die alten Preußen waren perfekt. Letzte Zweifel daran fegt der Verlag Das neue Berlin hinweg mit dem Buch »Der Tod Friedrichs des Großen. Letzte Stunden und feierliche Beisetzung des Preußenkönigs - Bericht eines Augenzeugen«. 1786 bereits wurden die Schilderungen des Johann Gottfried Kletschke erstmals unter dem Titel »Letzte Stunden und Leichenbegängnis Friedrichs des Zweiten Königs von Preussen« in Potsdam veröffentlicht. Sich selbst hat er darin auch beobachtet und spricht dabei vom Feldpropst Herrn Kletschke. Herausgeber Hans Bentzien sah den Bericht durch und übersetzte heute nicht mehr gebräuchliche Begriffe. Herr Kletschke geht akribisch vor. Als Ursache des gesundheitlichen Niedergangs des hochseligen Königs beschreibt er das schlechte Wetter des 24. August 1785, an dem Friedrich II. über Stunden im Regen eine militärische Parade abnahm, ohne sich mit einem Mantel zu schützen. Von einer sich unweigerlich anschließenden Krankheit erholte er sich nicht. »Seine gute Natur versagte.« Er zog sich im folgenden Sommer nach Sanssouci zurück, wo er bis zuletzt diszipliniert Staatsgeschäfte erledigte. Ansonsten musste er sich damit begnügen, allein auf der Terrasse zu sitzen. Für Ausritte fehlte ihm die Kraft. Klein, angreifbar wirkt er dabei auf einer Zeichnung eines unbekannten Künstlers im Buch. Der König starb am 17. August 1786 um 02.19 Uhr. Sein Leichnam wurde nicht behelligt. Der Hochselige hatte hinterlassen, man möge nach dem Tode mit ihm nicht »manschen« und ihn etwa einbalsamieren. Das wurde getreulich befolgt. Indes lief exakt die Staatsmaschinerie an. Seine Majestät der König Friedrich Wilhelm erschien aus Berlin, betrachtete seinen Onkel »mit tränenden Augen«, ging zur Tagesordnung über und erteilte Befehl. Zimmer wurden versiegelt, Nachrichtensperre erteilt, später reitende Boten zu Königshäusern in alle Himmelsrichtungen entsandt. Auch das Volk wurde informiert und durfte trauern. Es hatte seinen König geliebt, obwohl es unablässig über ihn meckerte. Wie nun die Trauerfeier vorbereitet wurde, welcher Raum mit welchen Stoffen und Accessoires ausgestattet wurde, wann man den Toten in welchen Sarg umbettete - Johann Gottfried Kletschke dokumentierte alles einschließlich der Zeremonien bei der Beisetzung am 9. September 1786. Interessant ist, welche Experten man wofür nach Potsdam beorderte. Die Schilderungen reichen bis zu Sicherheitsvorkehrungen beim Bau der Tribünen und dem Mann an der Hintertür der Garnisonkirche, der im Brandfall am Bestattungsort ausreichenden Fluchtweg gewähren sollte. Dass Friedrich der Große möglicherweise nicht in der Kirche, sondern im Park von Sanssouci hatte begraben sein wollen, was die Kirche samt Herrn Kletschke zu verhindern wusste, lässt der Herausgeber im Nachwort anklingen und bekräftigt die These in einem zweiten königlichen Band aus dem selben Verlag »Ich, Friedrich II. Das Leben des großen Preußenkönigs, nacherzählt von Hans Bentzien«. Geschmückt ist das Buch mit Dokumenten und 96 zeitgenössischen Holzschnitten über das Leben bei Hofe von Adolph von Menzel und Zitaten von Friedrich II. Der Autor ist nun König und beginnt seine Erzählung bei der zärtlichkeitsfreien Kindheit Friedrichs, in der er bereits Talent für Diplomatie gegenüber seinem lieblosen Vater beweist. Sicher wäre Friedrich Künstler geworden, wäre er nicht Königssohn. Seine Vorlieben gelten dem Schöngeistigen. Er verehrt die Franzosen. Später wird er ihnen hochmütig begegnen. Von der Liebe wird er nicht verwöhnt, muss das vom Hof gewünschte Weib heiraten. Ein Jahr vor seinem Regierungsantritt schreibt der Kronprinz einen »Antimachiavelli«, der auszugsweise im Buch zu finden ist. Beispielsweise teilt er Kriege als »gerechte oder ungerechte Sache ein«. Später zieht in Schlachten, nachdem er festgestellt hatte, dass seinem Land dieses oder jenes fehlt. Krieg ist der Weg, es zu beschaffen. Das einfache Volk ist ihm treuer als der Adel, denn Friedrich der Zweite friert dessen Rechte nicht ein. Er reformiert unter anderem das Strafrecht, reglementiert Gutsherren, gewährt Ausländern Asyl und macht sich damit nicht nur Sympathisanten. Er bleibt bei seinem Grundsatz, dass kein Gefühl »so unzertrennlich zu unserem Wesen wie das der Freiheit« gehört. Unterwürfigkeit ist ihm zuwider. Nahe Freunde sind ihm nicht geblieben. Macht hat ihren Preis. Er stirbt einsam. Hans Bentzien bringt den Menschen Friedrich nah. Fast möchte man den König wiederhaben. Als Erzähler verliert er natürlich jede Distanz. Urteilen kann der Leser. Darauf, dass im Buch alles ordentlich zugeht, kann man sich auch verlassen. Bentzien war zwar nie König, Kulturminister der DDR bis 1961. Also fast so etwas wie ein preußischer Minister. Es kennt di...

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