Donnerwetter

Verein baute in Lindenberg ehrenamtlich ein beeindruckendes Meteorologiemuseum auf

Für 900 000 Euro wurde die alte Radiosondenprüfstation für das Lindenberger Wettermuseums hergerichtet. Am Sonnabend öffnet die Ausstellung für Besucher.

»Die Wettervorhersage ist das zweitwichtigste Vorhersageproblem der exakten Naturwissenschaft - nach der Prognose des menschlichen Verhaltens«, bemerkte Johann von Neumann (1903-1957). Das Wettermuseum in Lindenberg (Oder-Spree) zitiert ihn. Es informiert in seiner neuen Ausstellung über viele Facetten der Meteorologie. Seit 2006 baut ein Verein das Museum schrittweise auf. Los ging es mit einer kleinen Ausstellung in der alten Schule. Im Laufe der Zeit wurden eine Ballonhalle und ein denkmalgeschütztes Windenhaus hergerichtet. Hier stiegen früher Wetterdrachen mit Radiosonden an Stahlseilen auf, um in höheren Luftschichten Daten zu erheben. Nebenan befand sich in einer Baracke die Radiosondenprüfstation. Die Station wurde für 900 000 Euro saniert und mit einem Anbau versehen, der nun die Museumskasse und ein Bistro beherbergt. Bezahlt wurde das mit Fördermitteln von EU, Land und Landkreis sowie mit Spendengeldern.

Gegenwärtig wird in der Baracke die neue Dauerausstellung eingerichtet. Am Dienstag gab es noch viel anzuschrauben und aufzubauen. Der Vereinsvorsitzende Bernd Stiller kämpft derzeit mit der Computertechnik, die alle 15 Minuten aktualisierte Wetterkarten samt einer Simulation für die kommenden Tage sichtbar machen soll. Die Angaben wären ausführlicher als das, was der Fernsehzuschauer aus dem Wetterbericht der Nachrichten kennt. »Am Montag hat es schon einmal funktioniert«, stellt Stiller fest. Er hofft, das Programm mit Hilfe der Wetterdienstzentrale in Offenbach bis Freitag in den Griff zu bekommen. Dann wird die Ausstellung mit geladenen Gästen feierlich eröffnet. Besucher haben am Sonnabend ab 10 Uhr Zutritt. Der Verein lädt zu Frühschoppen und Blasmusik.

Damit ist die wichtigste Etappe beim Aufbau des Museums geschafft. Zu tun gibt es aber noch genug, weiß Stiller. Sein Verein will das Außengelände noch zum Museumspark gestalten, in dem Apparate gezeigt werden, die für die Gebäude zu groß sind. Alles muss Schritt für Schritt geschehen. Dabei sind auch 50 000 Euro Kredit zu tilgen. Der Verein musste die Summe borgen, um den Eigenanteil für die jüngste Baumaßnahme aufzubringen. Da es zuletzt viele Bauarbeiten gab, sind nie mehr als 3000 Besucher im Jahr gekommen. Jetzt könne und müsse es mit der neuen Ausstellung so richtig losgehen, sagt Stiller. Der 59-jährige erwartet nun mindestens 6000 Besucher. Rund die Hälfte der 61 Vereinsmitglieder sind Meteorologen, die beim Richard-Aßmann-Observatorium des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Lindenberg arbeiten oder gearbeitet haben. Aßmann hatte das hiesige meteorologische Observatorium 1905 gegründet.

Wettermuseen gebe es in Houston (USA), im japanischen Hiroshima, in Taiwan und China, zählt Meteorologe Stiller auf. In Deutschland bestehe ein Thermometermuseum in Thüringen. Aber das Lindenberger Wettermuseum ist auf seine Weise einzigartig in der Bundesrepublik. Anders als die Einrichtungen im Ausland wird es nicht vom Staat finanziert, sondern beruht auf ehrenamtlichem Engagement. Feste Mitarbeiter hatte der Verein noch nie. Er schlägt sich mit Ein-Euro-Jobbern und Freiwilligendienstlern durch. Einen Minijob hat Leiterin Gabriele Weitzel, die sich lachend als »der Wetterdrachen« vorstellt. Die echten Wetterdrachen werden in der Ballonhalle präsentiert. Zu den Exponaten gehören Messgeräte für Luftdruck, Niederschlag und Windgeschwindigkeit, auch ein Marinepütz, das am Seil ins Meer geworfen wurde, um die Wassertemperatur zu bestimmen. Heute ist das nicht mehr nötig, weil Schiffskiele mit Thermometern ausgestattet sind. Am Ende den Rundgangs macht der Besucher einen Schritt vom Wetter zu Klima und Klimawandel. Stiller erläutert, dass es zu Eiszeiten unter anderem deswegen kommt, weil die Umlaufbahn der Erde um die Sonne nicht immer gleich bleibt. In 50 000 Jahren komme die nächste Eiszeit.

Das Wettermuseum beantwortet viele Fragen, zum Beispiel die, ob Bauernregeln nur Aberglaube sind. »Genaue Naturbeobachtung«, sagt Stiller. »Ziehen die Wolken dem Wind entgegen, gibt's am anderen Tage Regen«, besagt eine Bauernregel. Das lässt sich wissenschaftlich fundiert begründen. Im Museum sind Türchen zu öffnen und Knöpfchen zu drücken. Das wird die Schulklassen freuen, die zu Führungen kommen. Höhepunkt solcher Führungen ist mittags das Zusehen beim Aufstieg eines Wetterballons beim DWD.

Wettermuseum, So. bis Do. von 10 bis 16 Uhr, Herzberger Straße 21 in Lindenberg, Tel.: (03 36 77) 625 21, Eintritt: 6 Euro, von 6- bis 18-Jährige 4 Euro, Führung 9 Euro, wettermuseum.de

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