Angsteinflößende Übungsrunde
Beim dreiwöchigen Giro d’Italia greift Alberto Contador nach seinem zweiten Gesamtsieg, ein Erfolg bei der Tour de France soll folgen
Alberto Contador will den ersten Schritt zum Double schaffen, André Greipel mindestens eine Etappe gewinnen und sich für höhere Aufgaben empfehlen: Der an diesem Samstag in San Lorenzo al Mare in Ligurien startende 98. Giro d'Italia ist wie immer die Vorstufe zur Tour de France. Frei von Gedanken an die Frankreich-Rundfahrt ist von den Favoriten, zu denen auch der Australier Richie Porte zählt, wohl nur Lokalmatador Fabio Aru.
Als Kapitän der umstrittenen Astana-Mannschaft will der nicht einmal 60 Kilogramm leichte Radprofi mit guten Ergebnissen Rechtfertigungen liefern. Das kasachische Team startet zur ersten großen Rundfahrt nach der überraschenden Lizenzbestätigung trotz zahlreicher Doping-Affären. Es steht unter Beobachtung des sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Lausanne, das den Rennstall als sogenannte Hochrisiko-Mannschaft einschätzt.
Der deutsche Meister André Greipel konzentriert sich derweil auf die Flachetappen mit prognostizierten Massensprints. »Es dürfte in etwa sieben Chancen auf Tagessiege geben. Ich will natürlich wieder eine Etappe gewinnen«, sagte der gebürtige Rostocker. Er hat sein Programm in dieser Saison geändert und fährt zum ersten Mal seit 2010 wieder den Giro. Greipel will seinen insgesamt dritten Etappenerfolg bei der Italienrundfahrt. »Von meinen Anfahrern sind Greg Henderson und Adam Hansen dabei - da können wir schon mal für die Tour üben«, sagte Greipel. Ob er die dreiwöchige Tortur über insgesamt 3481 Kilometer im Hinblick auf den Saisonhöhepunkt in Frankreich bis zum Ende durchfährt, erscheint jedoch fraglich.
Seinem vermeintlich härtesten Tourkonkurrenten Marcel Kittel, der nach einer hartnäckigen Virusinfektion über zweieinhalb Monate keine Rennen fuhr und zuletzt bei der Tour of Yorkshire aufgeben musste, traut Greipel die Rückkehr zu alter Stärke noch rechtzeitig zu: »Er bekommt das bis zur Tour wieder hin.«
»Ich bin bereit«, sagte auch Contador, der von seinem ebenso ehrgeizigen wie exzentrischen Chef Oleg Tinkow angesteckt, das Double in Angriff nimmt. Der Spanier, der den Giro bereits 2008 gewann und den Sieg von 2011 wegen Dopings aberkannt bekam, fuhr die vergangenen 40 Tage keine Rennen und bereitete sich stattdessen auf Teneriffa in der Höhenluft des Pico del Teide (3781 Meter) vor. Den bis dato letzten Doppelsieg aus Giro und Tour schaffte der 2004 verstorbene Marco Pantani vor 17 Jahren.
Die Eckdaten des diesjährigen Giro, der am 31. Mai in Mailand enden wird, sind wie immer angsteinflößend: Sechs Bergankünfte, ein Einzelzeitfahren über fast 60 Kilometer und ein Teamzeitfahren zum Auftakt am Samstag nach Sanremo, wo John Degenkolb in diesem Frühjahr seinen imposanten Siegeszug einleitete. Der Dominator der diesjährigen Klassikersaison fehlt jedoch beim Giro ebenso wie Teamkollege Kittel. Sie wollen bei der Tour wieder zuschlagen. Im deutschen Giant-Alpecin-Team hoffen stattdessen Nikias Arndt auf einen Etappensieg und Simon Geschke auf ein gutes Ergebnis im Gesamtklassement. dpa/nd
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